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Bundestag - Steinbrück und Glos

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Konjunkturaussichten: Wirtschaftsminister gesucht

Die Banken krachen, die Börsen gehen auf Talfahrt, die Konjunktur lahmt – und die Opposition fragt sich: Was macht eigentlich Wirtschaftsminister Michael Glos?

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Automobilbauer stoppen ihre Produktion, Mittelständler klagen über größer werdende Probleme, für ihre Geschäfte Kredite zu bekommen und der Internationale Währungsfonds IWF prophezeit der deutschen Wirtschaft kommendes Jahr eine mehr als harte Landung: Die globale Finanzkrise ist in der nationalen Realwirtschaft angekommen.

Und wo ist der Bundeswirtschaftsminister? Das fragt die Opposition. Michael Glos (CSU) will am Montag zwar mit Spitzenverbänden von Wirtschaft und Banken über die Folgen der Finanzkrise beraten, aber das ist der Opposition zu wenig. Und sie erinnert damit an den schlechten Eindruck, den die Öffentlichkeit von Glos 2005, zu Beginn der Regierungszeit der großen Koalition, hatte. Der CSU-Mann, der nach der Flucht von Edmund Stoiber aus Berlin Wirtschaftsminister werden musste, erschien damals wenig kompetent und wenig engagiert.

Nun – in der Krise – fordert der liberale Wirtschaftsexperte Rainer Brüderle Glos auf, dem SPD-Finanzminister Steinbrück nicht länger in allen finanzpolitischen Fragen allein das Feld überlassen. „Das Bundeswirtschaftsministerium muss endlich wieder für die Finanzwirtschaft zuständig sein“, sagt Brüderle und meint damit einen Zustand, den Glos’ Vorgänger Ludwig Erhard eingeführt und Helmut Schmidt 1972 abgeschafft hat. Brüderle begründet seine Forderung damit, dass ein Finanzminister nicht für die Kontrolle der Banken zuständig sein sollte, wenn er den Banken „Schutzschirme“ bezahlt. „Sonst ist die Gefahr von Betriebsblindheit groß. Wir brauchen die Rückkehr zum Vier-Augen-Prinzip“. Die Abteilung „Geld und Kredit“, sagt Brüderle, müsse ins Wirtschaftsministerium. Dem Minister selbst wirft Brüderle Untätigkeit vor. „Wann will sich ein Bundeswirtschaftsminister eigentlich zu Wort melden, wenn nicht jetzt?“ Er dürfe nicht abtauchen, gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, dass ordnungspolitische Grundeinsichten nicht unter die Räder kämen.

Ähnlich sagt es Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn: „Ein guter Wirtschaftsminister wäre jetzt im Land unterwegs, um die aufkommende Rezession aktiv zu bekämpfen und sich um die Kreditversorgung für den Mittelstand zu kümmern“, sagt Kuhn dem Tagesspiegel und wirft Glos vor, er habe die Ausstrahlung eines „Null-Bock-Ministers“. Dietmar Bartsch, Geschäftsführer der Linkspartei, wirft Glos vor, „auf Tauchstation“ zu sein.

Von Freitag bis zu diesem Dienstag war Glos jedenfalls in Hongkong und in Vietnam. Dort wollte er sich „ vom Stand der Vorbereitungen für die Stadtbahn in Ho- Chi-Minh-Stadt überzeugen“, schreibt sein Ministerium und zitiert Glos mit den Worten, sie sei ein Leuchtturmprojekt.

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