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Konjunkturpaket: Schwere Hypothek

Die Belastung des Haushalts wächst weiter – unter anderem durch das zweite Konjunkturpaket. Für die Zukunft setzt die Regierung auf eine Schuldenbremse, die im Grundgesetz verankert werden soll.

Es klingt wie ein Anflug von schlechtem Gewissen: Am Tag, als die große Koalition ihr zweites Konjunkturpaket ankündigt, das die Staatsverschuldung in neue Höhen führt, verspricht sie eine Verfassungsänderung, mit der künftig das Schuldenmachen begrenzt werden soll. "Das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts bleibt unverändert gültig", heißt es tapfer im Koalitionspapier. Der Weg zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, mit der immerhin die massiven Steuererhöhungen nach 2005 begründet worden sind, soll nicht dauerhaft verlassen werden. Vorerst aber wird es nichts mit der versprochenen Nettonullverschuldung im Jahr 2011. Die Zinslasten, im Papier als "schwere Hypothek für unsere Kinder und Enkel" bezeichnet, wachsen weiter. Der Steuerzahlerbund kann seine Schuldenuhr auf schnelleres Ticken einstellen.

Was die Koalition beschlossen hat, liegt ganz auf der Linie von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Im Durchschnitt soll eine gesamtstaatliche Neuverschuldung von 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts pro Jahr erlaubt bleiben - das wären nach derzeitigem Stand etwa zwölf Milliarden Euro. In konjunkturell mäßigen Zeiten darf der Staat etwas mehr Schulden machen (andernfalls wären Steuererhöhungen oder Abgabensenkungen nötig), läuft die Wirtschaft gut, soll er weniger Schulden machen, am besten aber gar keine und stattdessen Überschüsse ansammeln. Ein Kontrollkonto soll sicherstellen, dass dieser Balanceakt funktioniert und auch transparent ist. Nur in außergewöhnlichen Situationen - wie Naturkatastrophen oder globalen Finanzkrisen - soll eine Ausnahme gelten: Dann darf der Staat bei den Schulden in die Vollen gehen und zusätzliche Kredite aufnehmen, um der Notlage zu begegnen.

Ohne die FDP geht im Bundesrat nichts

Wohlgemerkt: Es geht um eine Grenze für die Neuverschuldung, nicht darum, wie der schon bestehende Schuldenberg von 1,5 Billionen Euro abgebaut werden kann - worin die Pensionsversprechen an die Beamten, die kumuliert mit etwa 500 Milliarden Euro zu Buche schlagen, nicht enthalten sind. Einen Tilgungsplan dafür hat die große Koalition nicht in ihr Papier geschrieben. Nur die Schulden für das Konjunkturpaket in den Jahren 2009 und 2010 sollen in einem Fonds zusammengefasst werden, für den auch per Gesetz eine Tilgung vorgesehen wird.

Ob die Koalition mit ihrer Schuldengrenze durchkommt, ist aber noch nicht ganz ausgemacht. Denn sie muss im Grundgesetz verankert werden. Und im Bundesrat haben Union und SPD nicht mehr genügend Länder für eine Zweidrittelmehrheit sicher hinter sich. Ohne die FDP, die in den vier großen Ländern (und demnächst vielleicht auch in Hessen) mitregiert, geht nichts. Ernst Burgbacher, FDP-Vertreter in der Föderalismuskommission, hält den Koalitionsbeschluss für unzureichend. Er schließt ausdrücklich nicht aus, "dass die FDP ihren Einfluss im Bundesrat nutzen wird, um eine möglichst strikte Schuldenbegrenzung zu erhalten". Das Ziel der Liberalen laute, ein prinzipielles Schuldenverbot in wirtschaftlichen Normalzeiten einzuführen. Im Beschluss der Koalition vermisst Burgbacher verbindliche Tilgungsregeln.

Gut möglich ist aber auch, dass die weltweite Hochverschuldung in Zeiten der globalen Krise mittelfristig ganz von selbst eine Bremswirkung bei den Schulden entfaltet. Alle Staaten verschulden sich derzeit massiv, allen voran die USA (und dank niedriger Zinssätze der Zentralbanken ist Schuldenmachen so billig wie nie). Die Schuldnerkonkurrenz kann jedoch dazu führen, dass Investoren vorsichtiger und wählerischer werden. Immerhin hat der Bund in der vorigen Woche eine Anleihe in Höhe von sechs Milliarden Euro nicht mehr auf Anhieb untergebracht - das kommt nicht häufig vor. Das verbreitete Schuldenmachen könnte durchaus die Zinsen für Anleihen in die Höhe treiben. Einige Staaten, selbst solidere wie Österreich, bekommen das schon zu spüren. Höhere Zinsen aber sind noch immer eine relativ wirksame Schuldenbremse gewesen.

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