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Mit Power. Stipendiaten und Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung erhoffen sich viel vom künftigen Vorsitzenden Norbert Lammert.

© Bodo Marks/dp

Konrad-Adenauer-Stiftung: Hohe Erwartungen an Norbert Lammert

Weniger Behördenstruktur und mehr Abstand zur CDU: In der Konrad-Adenauer-Stiftung hoffen jetzt viele auf frischen Wind durch den neuen Vorsitzenden.

Der Aufstand der Stipendiaten war erfolgreich. Sie haben ihren Wunschkandidaten, den ehemaligen Bundestagspräsidenten Norbert Lammert, als neuen Vorsitzenden der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) durchgeboxt. Der Vorstand hat ihn nun einstimmig vorgeschlagen, am Freitag wird er gewählt. Parteichefin Angela Merkel steht inzwischen hinter der Personalie. Und die Vatikan-Botschafterin Annette Schavan, die sich viele wegen ihres Promotionsbetrugs partout nicht auf diesem Posten vorstellen konnten und wollten, hat verzichtet und mit dem Kapitel, wie sie versichert, „definitiv abgeschlossen“.

Auf 651 Unterzeichner brachte es der öffentliche Basis-Appell an Merkel und den Stiftungsvorstand. Sie priesen den langjährigen Vizevorsitzenden als „hervorragende, angemessene und vorbildliche Vertretung“. Doch wo soll der mit solchem Vorschusslorbeer Überhäufte anpacken, was erhoffen sich Stipendiaten und KAS-Mitarbeiter von ihrem Favoriten?

"Der Vorsitzende sollte nicht auf einem Thron sitzen und auf Huldigung warten"

Zunächst mal ein anderes Auftreten. „Der Vorsitzende sollte nicht auf einem Thron sitzen und auf Huldigung warten“, ist zu hören. Offenbar haben manche den bisherigen Stiftungsoberen Hans-Gert Pöttering so empfunden. Man wünsche sich „lebendigen Austausch und mehr Führung“. Statt bloß zu repräsentieren und durch die Welt zu reisen, sollte der künftige Chef „Funken sprühen lassen“, Debatten vorantreiben, auch persönlich Stellung zu aktuellen Themen beziehen, verlangen Altstipendiaten.

Der Stiftung angemessen wäre es etwa, „das Christdemokratische stärker herauszuarbeiten“, finden nicht wenige. „Was wollen wir, wohin geht die Reise?“ Brisante Themen gebe es genug, von der Abschaffung der Wehrpflicht über die Energiewende bis zur Migrationspolitik. Und in solchen Fragen dürfe es, so die offenbar nicht ohne Grund erhobene Forderung, „weder Angst vorm Nachdenken noch vor dessen Ergebnissen“ geben.

Bisher zu wenig an großen gesellschaftlichen Debatten beteiligt

In der Vergangenheit habe sich die Stiftung zu wenig an den großen gesellschaftlichen Debatten beteiligt, klagen auch Mitarbeiter. Die Bertelsmann-Stiftung liefere zwar tendenziöse, aber viel diskutierte Studien. Auch die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung trete engagierter auf. Man sei „zu selbstreferenziell“, bleibe unter sich, „trotz oder gerade wegen des Riesennetzwerks, das wir haben“. Viele Publikationen seien „zu abgehoben“, die Autoren immer die gleichen. „Wir sind zu behäbig, da muss mehr kommen.“

Bei der Frage, woran das liege, verweisen Kritiker auch aufs Personal. Gerhard Wahlers etwa, der die europäische und internationale Zusammenarbeit verantwortet, arbeite schon 27 Jahre für die Stiftung, habe sich aber nie groß in Afrika oder Asien umgetan. Melanie Piepenschneider, seit 26 Jahren dabei und für politische Bildung zuständig, richte den Blick aufgrund ihrer akademischen Biografie zu wenig über Europa hinaus. Ein echter Thinktank brauche „weniger Behördenstruktur“ und mehr Querdenker mit neuen Ideen.

Nicht bloß Versorgungsposten für die Großen der Partei

Das betrifft auch den Vorstand und das derzeit 50-köpfige Mitgliedergremium. Die Spitze müsse verjüngt werden, lautet eine vielfach gehörte Forderung. Es dürfe nicht primär darum gehen, den Großen der Partei dort Versorgungsposten bereitzustellen. Engagierte Altstipendiaten, Publizisten und Wissenschaftler müssten den Kurs mitbestimmen dürfen.

Und dann natürlich: der Abstand zur CDU. „Mehr Selbstbewusstsein, weniger vorauseilender Gehorsam“, heißt ein vehement geäußerter Wunsch. Bei der Stipendiatenauswahl funktioniere das ganz gut, ist zu hören, hier spiele das Parteibuch kaum eine Rolle. Doch in vielem anderen habe man sich unter Pöttering allzu sehr als Parteianhängsel gefühlt, klagen einige. Und senden eine Stoßseufzer hinterher. Mit Lammert an der Spitze brauche man das künftig ja wohl nicht mehr zu befürchten. „Der hat seinen eigenen Kopf."

Dieser Text erschien in der "Agenda" vom 28. November 2017 - einer Publikation des Tagesspiegels, die dienstags erscheint. Die aktuelle Ausgabe können Sie jeweils bereits am Montagabend im E-Paper des Tagesspiegels lesen.

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