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Politik: Kontrolle der Kontrollorgane

Innenminister streiten über Regeln für V-Leute.

Von Frank Jansen

Berlin - Mehr als eineinhalb Jahre nach dem Ende der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ ist das Thema immer noch so groß, dass sich die Innenministerkonferenz (IMK) wieder mit Konsequenzen aus den Fehlern der Sicherheitsbehörden befassen muss. Bei dem Treffen der IMK an diesem Donnerstag und am Freitag in Hannover werden sich die Ressortchefs aus den Ländern, als Gast ist auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dabei, mit dem Abschlussbericht der Bund-Länder-Kommission Rechtsterrorismus auseinandersetzen. Die im Februar 2012 von Friedrich initiierte vierköpfige Kommission hat die Zusammenarbeit von Polizei, Nachrichtendiensten und Justiz analysiert und reichlich Reformbedarf festgestellt. Der Kommission gehören unter anderem der frühere Innenminister von Rheinland-Pfalz, Karl Peter Bruch (SPD), und der Ex-Innensenator Hamburgs, Heino Vahldieck (CDU), an.

Die Experten fordern, dass der Verfassungsschutz künftig seine Informationen nach klaren Regeln an die Polizei weitergibt und nicht, wie im Fall NSU mehrmals geschehen, nur lückenhaft und oft ohne erkennbares System. Die Kommission hält es aber auch für notwendig, dass die Staatsanwaltschaften ihrer Pflicht nachkommen, den Verfassungsschutz über Verfahren zu politisch motivierten Straftaten zu informieren. Entsprechende Richtlinien müssten erweitert werden, finden die Experten.

Die Innenminister werden auch über den weiteren Umgang mit V-Leuten sprechen. Die Kommission hält den Einsatz von Spitzeln für unumgänglich, verlangt aber hier ebenfalls neue, bundesweit geltende Regeln. Die Minister sind sich weitgehend einig, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz eine Art Datei mit Informationen zu allen vom Nachrichtendienst in Ländern und Bund geführten V-Leuten erhält. Offen bleibt aber, ob das Amt in Köln auch die Klarnamen der Spitzel bekommen soll.

Reden wollen die Minister außerdem über die Kluft zwischen der offiziellen Zahl der Todesopfer rechter Gewalt seit der Wiedervereinigung und dem Ergebnis der Recherchen des Tagesspiegels und weiterer Zeitungen. Die Polizei meldet 63 Tote, die Medien kommen auf 152. Nach dem NSU-Schock haben Sachsen und Sachsen-Anhalt ihre Zahlen nach oben korrigiert, Brandenburg hat ein aufwendiges Prüfverfahren eingeleitet. In Mecklenburg-Vorpommern fordern die Fraktionen von Grünen und Linkspartei von der Landesregierung, die Akten zu fünf Tötungsverbrechen mit mutmaßlich rechtem Hintergrund zu sichten und den Landtag bis Ende 2013 zu unterrichten.

Weitere Themen des IMK-Treffens werden die Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum und eine erleichterte Ausweisung salafistischer Hassprediger sein. In beiden Fällen gehen die Vorschläge des Bundesinnenministers den sozialdemokratischen Länderkollegen zu weit. Weniger strittig könnte hingegen sein, ob die Promillegrenze für Radfahrer verschärft werden muss. Bislang dürfen sie mit maximal 1,6 Promille unterwegs sein. Im Gespräch ist eine Senkung auf 1,1 Promille. Frank Jansen

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