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Politik: Kontrollierte Verbindung

Die Daten von Telefongesprächen und E-Mails sollen ab 2008 sechs Monate gespeichert werden

Berlin - Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat Befürchtungen widersprochen, nach denen das neue Gesetz zur Überwachung der Telekommunikation einer Komplettkontrolle durch den Staat gleichkommt. Die geplante Neufassung diene vielmehr dazu, Straftaten „so grundrechtsschonend wie möglich“ verfolgen zu können. Die Novelle enthält neben der Neufassung der Vorschriften zur Telefonüberwachung auch neue Regeln für die sogenannte Vorratsdatenspeicherung. Das Gesetzespaket soll voraussichtlich in der kommenden Woche im Bundestag beschlossen werden und Anfang 2008 in Kraft treten.

Nach dem Entwurf des Bundesjustizministeriums (BMJ) dürfen Telefonate von zuständigen Strafverfolgungsbehörden künftig nur noch bei schweren Straftaten abgehört werden. Darunter sind Delikte zu verstehen, für die das Strafgesetzgesetzbuch Haftstrafen von mindestens fünf Jahren vorsieht. Somit ist in Zukunft auch die telefonische Überwachung bei Fällen von bandenmäßigem Betrug, Korruptionsdelikten, schweren Steuervergehen, Menschenhandel sowie Vergewaltigung und sexuellem Missbrauch möglich. Bislang dürfen Telefongespräche zur Strafverfolgung auch dann mitgehört werden, wenn der Abgehörte einer minder schweren Straftat verdächtigt wird.

Der „Kernbereich der privaten Lebensgestaltung“, wie es in der Gesetzesvorlage heißt, soll dagegen von der Telefonüberwachung ausgenommen sein. Für Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete sieht die Novelle eine Sonderregelung vor: Ihre Telefone dürfen künftig nicht vom Staat überwacht werden. Dagegen sollen andere Berufsgeheimnisträger wie Ärzte, Rechtsanwälte oder Journalisten in Zukunft abgehört werden dürfen – allerdings „nur nach einer sorgfältigen Abwägung im Einzelfall“. Wer im Zuge eines Ermittlungsverfahrens abgehört wird, soll künftig unmittelbar nach dem Ende der Telefonüberwachung über diese informiert werden.

Beim zweiten Teil der Novelle geht es um die viel kritisierte Vorratsdatenspeicherung: Nach Zypries’ Vorschlag müssen die Telekommunikationsunternehmen alle Verbindungsdaten von Telefonaten sechs Monate lang speichern. Bei Gesprächen auf dem Festnetz sollen Rufnummer, Uhrzeit und Datum registriert werden, bei Telefonaten mit dem Handy zudem der Standort zu Beginn des Gesprächs. Auch der Zugang zum Internet wird nach den Plänen des BMJ erfasst: So sollen ab 2009 auch die Verbindungsdaten des E-Mail-Verkehrs und der Internettelefonie gespeichert werden.

Medienverbände äußerten sich kritisch über Zypries’ Pläne. Durch die Novelle würden die auf Vertrauen basierenden Beziehungen zwischen Journalist und Informant gestört werden und Quellen versiegen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte, bei der Vorratsdatenspeicherung würden ohne konkreten Verdacht Daten aufgezeichnet. „Damit bekommen wir eine Art Generalverdacht für jeden Bürger“, sagte Schaar. Berufsverbände und Bürgerrechtler wollen am kommenden Dienstag mit einem bundesweiten Aktionstag in 35 Städten gegen Zypries’ Pläne protestieren.

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