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KONTROVERSEN UM DIE KOHLE Deutschlands Energiepolitik auf dem Prüfstand: Kompromiss oder Kuhhandel

Bei den Hamburger Koalitionsverhandlungen von Schwarz-Grün zeichnet sich noch kein Durchbruch ab

Im Zentrum der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und Grün-Alternativer Liste (GAL) in Hamburg stehen die Themen Hafenwirtschaft, Ökologie und Bildungspolitik. Auch am Freitag tagten die Unterhändler erneut mehrere Stunden, ohne dass sich bei den Kernthemen ein Durchbruch abzeichnete. Die Verhandlungsführer haben Stillschweigen vereinbart, um an der jeweiligen Parteibasis keine Unruhe aufkommen zu lassen, bevor nicht das Gesamtpaket geschnürt ist.

Vor dem Treffen machten Umweltschützer am Tagungsort, dem Goethe-Institut, besonders der GAL noch einmal klar, was sie erwarten. Es dürfe keinen Kuhhandel in der Richtung geben, dass eine Elbvertiefung gebilligt werde, nur weil die CDU Abstand vom bislang geplanten Kohlekraftwerk Moorburg nehme. GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch bemerkte dazu im Spalier von Transparenten und lauten Rasseln, dass ein Kuhhandel bei politischen Gesprächen nichts zu suchen habe, sondern nur bei Viehauktionen. Der GAL-Haushaltsexperte Willfried Maier beschrieb das Szenario des Gebens und Nehmens für beide Seiten auch als „Bildung von Kompromissen“.

Laut Frank Schira, dem neuen CDU-Fraktionsvorsitzenden, gehe es darum „Brücken zu bauen, statt Gräben aufzureißen“. Keine Seite werde sich zu hundert Prozent durchsetzen können. Vorsichtig wird das eigene Klientel auf Abstriche der ursprünglichen Position vorbereitet. Dazu stellte der Vorsitzende des CDU-Wirtschaftsrats, Andreas Mattner, gegenüber der „Welt“ fest, dass das Kohlekraftwerk Moorburg mit der GAL nicht durchsetzbar sei. Er sprach sich für die Suche nach Alternativen aus, wohl wissend, dass der Industrieverband Hamburg dann die Rechnung aufmachen wird, dass ein Nein zum Kohlekraftwerk Moorburg 100 000 Arbeitsplätze gefährde. Das laufende Genehmigungsverfahren bei der Umweltbehörde wird sich noch einige Monate hinziehen, war am Freitag zu erfahren.

Das umstrittene Bauwerk steht unter der Regie des Energiekonzerns Vattenfall und soll mit zwei Blöcken 1640 Megawatt Leistung liefern. Neben der Stromversorgung ist Moorburg auch für die Fernwärmeversorgung von 450 000 Hamburgern vorgesehen. Die Umweltbilanz des Großprojekts schockiert in der laufenden Klimaschutzdebatte. Jährlich würden 8,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases C02 anfallen. Vattenfall verteidigt die Anlage damit, dass deutschlandweit ältere und extrem emissionslastige Kohlekraftwerke wie zum Beispiel im schleswig-holsteinischen Wedel abgeschaltet werden könnten. Die GAL hatte bislang immer für ein kleineres Gaskraftwerk zur Grundlastversorgung plädiert, dazu mehrere kleine Blockheizkraftwerke mit Kraftwärmekopplung in verschiedenen Stadtteilen.

Bei der Elbvertiefung wissen die hanseatischen Grünen um die Wichtigkeit des Hafens für die Wirtschaftskraft der Stadt. Mit einer tieferen Fahrrinne soll die Erreichbarkeit des Hafens für Containerriesen sichergestellt werden. In den letzten Wochen wurde spekuliert, ob die GAL der CDU einige auszubaggernde Zentimeter in den Verhandlungen abringen kann, doch realistischer ist wohl momentan eine in den Gesprächen aufgeworfene Umweltabgabe, die die Schiffseigner neben der üblichen Hafenbenutzungsgebühr zu entrichten haben. Über einen neuen Umweltfonds sollen dann künftig verstärkt naturschützerische Maßnahmen angeschoben und finanziert werden. Schulpolitik und Studiengebühren wurden in den Verhandlungen bisher noch nicht besprochen. Das steht in der nächsten Woche an.

Dieter Hanisch[Hamburg]

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