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Beim Kooperieren geht es meist um Geld.

© dpa

Kooperation von Bund und Ländern: Geschäfte zu Lasten Dritter

Mehr Transparenz im Bund-Länder-Verhältnis? Mehr Trennung und Durchblick? Es war einmal. Bund und Länder rücken wieder enger aneinander. Das wird nicht billig. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Am vorigen Freitag ist mal wieder das Grundgesetz geändert worden. Die öffentliche Anteilnahme blieb gering. Der Bundesrat winkte einstimmig die vom Bundestag schon beschlossene Änderung des Artikels 91b durch, mit der dem Bund mehr Einfluss auf die Hochschulförderung einschließlich der Lehre eingeräumt wird. Der Etat des Bundesbildungsministeriums ist stark angewachsen, die Mittel müssen fließen – das wird künftig leichter sein.

Die Grundgesetzänderung ist eine Abkehr von der Föderalismusreform von 2005, deren Anliegen es war, durch weniger Kooperation zu mehr Transparenz im Bund-Länder-Verhältnis gerade bei den vielfältigen Formen der Mischfinanzierungen zu kommen. Also auch beim Ausgabeverhalten des Staates. Im Hochschulbereich wird das nun zurückgenommen. Der Lockruf des Goldes war für die Landespolitiker einfach zu laut. Viele Politiker von SPD, Grünen und Linken wollen die Bund-Länder-Kooperation am liebsten noch auf die Schulen ausdehnen.

Ein teures Modell

Der kooperative Bundesstaat ist, nachdem er zwischenzeitlich ziemlich in Verruf geraten war, heute wieder das Modell, dem Bund und Länder fröhnen. Man muss freilich wissen, was dahinter steckt: Es ist ein Föderalismus der Regierungen, der Ministerialbürokratien, weitgehend unter sich.  Sechzehn Landesbeamte  und einer vom Bund bereiten vor, was am Ende einer vom Bund mit sechzehn Landesministern beschließt. Oft gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Man kann sich denken, dass die Siebzehnerrunde erst auseinandergeht, wenn alle Wünsche erfüllt sind. Die parlamentarische Kontrolle ist insgesamt gering, die beteiligten Fachpolitiker in Bundestag und Landtagen freuen sich schließlich, wenn’s mehr Mittel für ihre Sache gibt. Daher gilt der kooperative Bundesstaat, so nett sich das anhört, als eher teure Variante von Föderalismus. Er läuft immer Gefahr, dass die Beteiligten Geschäfte zu Lasten Dritter machen, nämlich der Steuerzahler.

Bloß kein Geld verlieren

Das deutet sich auch in den laufenden Verhandlungen von Bund und Ländern über die Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen an. Die sind ein Dickicht, die vielfältigen Finanztransfers durchschaut kaum jemand in ihren Zusammenhängen und Wirkungen wirklich ganz. Auch hier wäre mehr Trennung vielleicht nicht schlecht. Aber die Gespräche laufen auf Exekutivebene unter Ausschluss der Öffentlichkeit nicht in diese Richtung.  Das gemeinsame Hauptziel beim Bund wie bei den Ländern ist, bei allem Streit im Detail, dass kein Geld verloren geht. Größere Schritte will man nicht machen. Und Mindereinnahmen als Ergebnis wären der Horror. Weil die letztlich, es gilt ja die Schuldenbremse, auf die Ausgaben durchschlagen. So wird es wohl eher nichts werden mit Entlastungen bei kalter Progression und Solidaritätszuschlag. Nicht umsonst wird seit einiger Zeit, nachdem das hohe Lied auf die Bildung als Begründung für höhere Staatsausgaben ein bisschen zu nerven begann, das Bild von der angeblich so maroden Infrastruktur ins Schaufenster gestellt.

Gemeinsam auch bei den Gehältern

Merkwürdigerweise spielt ein Kostenfaktor, der ständig wächst, in der Debatte praktisch keine Rolle: die Pensionslasten vor allem der westdeutschen Länder. Die haben in der Vergangenheit zu wenig vorgesorgt, aber dafür ganz gut bezahlt. Auch beim öffentlichen Dienst hat sich im Verein mit den Gewerkschaften ein bemerkenswertes Kooperationsverhalten entwickelt, nachdem sich Bund und Länder 2006 eigentlich tarifpolitisch trennten: Der Bund prescht mit relativ guten Abschlüssen vor (zuletzt drei plus 2,4 Prozent in zwei Jahren), die Länder ziehen unter Wehklagen, aber mit hoher Zahlungsbereitschaft nach (die Gewerkschaften fordern aktuell 5,5 Prozent). Und was für die Angestellten ausverhandelt wird, das kommt den Beamten meist ebenfalls zugute, und damit auch den Pensionären. Die Lasten wachsen. Schert ein Land ausnahmsweise aus, wie zuletzt Nordrhein-Westfalen bei den höheren Einkommensgruppen, helfen Gerichte nach. Die Benchmark für die Abschlüsse ist dabei die relativ gute Entwicklung der Tarifeinkommen, nicht die relativ schlechte Entwicklung der Realeinkommen, die seit Jahren stagnieren. Denn er steht ja bereit, der stets zahlungsfähige Dritte.

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