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Weltklimagipfel in Kopenhagen - Klima-Demonatration

© dpa

Kopenhagen: Beim Klimagipfel: Demonstrieren, um die Welt zu retten

Zehntausende gingen in Kopenhagen und überall auf dem Globus für ein Klima-Abkommen auf die Straße. In Kopenhagen ging die Polizei massiv gegen Randalierer vor. Fast 1000 Demonstranten wurden festgenommen - die meisten sind inzwischen wieder frei.

Ob es nun 30.000 Demonstranten waren, wie die Polizei schätzte, oder jene 100.000, die die Veranstalter zählten: Sie wurden am Samstag in Kopenhagen jedenfalls von strahlender Sonne, aber auch lähmender Winterkälte empfangen. Viele Familien mit Kinderwagen waren da. Die Stimmung war friedlich, nahezu fröhlich, wie bei einem Volksfest. Die Menge, die sich vor dem dänischen Parlament, dem Folketing, versammelt hatte, forderte ein weitgehendes Klimaschutz-Abkommen und ausreichend Unterstützung für die Entwicklungsländer. „Das Klima zuerst bedeutet: die Menschen zuerst“ war auf den Plakaten zu lesen. Oder auch: „Klimawandel tötet. Obama zuerst. Wir folgen.“ Auch massive Kritik an den USA prägte die Versammlung: „Die Ignoranz der USA bringt der Welt den Untergang.“ Sprechchöre waren zu hören: „Ba-bla-bla – act now“.

Bereits am frühen Samstagnachmittag waren mehrere Demonstrationszüge zum gemeinsamen Sammelpunkt marschiert, und zogen dann am späten Nachmittag zum rund sechs Kilometer entfernten Tagungsort der UN-Klimakonferenz, dem „Bella Center“, das im Südwesten vor den Toren der dänischen Hauptstadt liegt, um dort die Vertreter von rund 192 Staaten unter Druck zu setzen. Die dänische Ministerin und Konferenzpräsidentin, Connie Hedegaard, nahm vor dem Tagungszentrum die Forderungen der Demonstranten entgegen. „Ihr habt recht, wir haben genug geredet und müssen jetzt handeln“, sagte sie am Abend. Bis zum Schluss der Konferenz am nächsten Freitag soll ein Klimaschutzabkommen erreicht sein, das die Erderwärmung reduzieren soll.

Für die dänische Polizei bedeutete dieser Samstag einen Großeinsatz. Mehrere tausend Beamte waren dabei – und hatten erweiterte Befugnisse erhalten, die dänische Kritiker im Vorfeld sogar zu Vergleichen mit der ostdeutschen Stasi provozierte. Im Rahmen der sehr weit gehenden dänischen Terrorgesetzgebung durfte die Polizei Demonstranten verhaften und auch ohne Begründung länger in Gewahrsam nehmen, auch wenn sie völlig friedlich an dem Protestzug teilnahmen. Die Veranstalter kritisierten, dass dies viele in Angst versetzt habe. Die Polizei ihrerseits erklärte ihre Befugnisse im Vorfeld sehr intensiv und kündigte ein hartes Vorgehen und eine Null-Toleranz-Strategie an.

Am Abend ging die Polizei dann auch massiv gegen mutmaßliche Randalierer vor. Nach Behördenangaben wurden 960 Demonstranten festgenommen. Die Festnahmen seien ganz überwiegend „vorbeugend“ erfolgt, weil die Polizei kriminelle Absichten während des Marsches zum Tagungsort der Klimakonferenz vermutet habe. Unter den Festgenommenen war auch eine Deutsche, die Steine geworfen haben soll. Bei Krawallen am Rande der Demonstration wurden ein Polizist und ein schwedischer Demonstrant leicht verletzt.

Die knapp tausend in Kopenhagen festgenommenen Klima-Demonstranten sind inzwischen fast alle wieder frei. Wie die dänischen Behörden am Sonntagmorgen mitteilten, werden noch 13 in Arrest gehalten. Lediglich gegen drei gebe es konkrete Verdachtsmomente auf Straftaten, hieß es weiter

Ein Polizeisprecher entschuldigte sich öffentlich, weil die Festgenommenen bis zu vier Stunden gefesselt und bei Frost auf Asphalt sitzen mussten, ehe sie in einen Massen-Arrest transportiert wurden. Sprecher der Demonstranten kritisierten das beispiellos harte Vorgehen der Polizei als "grundlose Kriminalisierung unschuldiger Menschen".

Insgesamt hatten 515 Organisationen aus nahezu siebzig Ländern für dieses Wochenende zu Protestaktionen in Kopenhagen aufgerufen, darunter deutsche, britische, italienische und niederländische. Zeitgleich fanden auch in Australien und in Hongkong – wo sich einige Demonstranten als Pandabären verkleidet hatten – Kundgebungen statt. Die australischen Veranstalter meldeten aus Canberra, Sydney, Melbourne und anderen Städten rund 50 000 Teilnehmer. Auf den Philippinen versammelten sich Studenten zu einem Protest vor dem Rathaus von Manila. Auch in weiteren Ländern der Asien-Pazifik-Region gingen viele Menschen auf die Straßen, um Druck auf die Verhandlungen beim Klimagipfel in Kopenhagen auszuüben. In Indonesien versammelten sich mehrere Aktivisten vor der US-Botschaft in Jakarta und forderten Hilfe für die Entwicklungsländer bei der Treibhausgasreduzierung.

Immerhin hatte die EU in Kopenhagen zugesagt, die Entwicklungsländer zwischen 2012 und 2020 mit jährlich 2,4 Milliarden Euro (7,2 Milliarden Euro insgesamt) beim Klimaschutz zu unterstützen und damit ein Signal an die Verhandler in Kopenhagen gesandt. Auch der Rest der westlichen Welt könnte dadurch unter Druck geraten. In Kopenhagen glaubten etliche, den Hauptgegner schon ausgemacht zu haben: Mehrere Aktivisten riefen: „Die USA sind der größte Treibhausgas-Produzent“.

Schon am Freitag hatte es in Kopenhagen kleinere Demonstrationen gegeben. Die Polizei soll rund 75 Demonstranten, darunter 13 Deutsche, festgenommen haben. Sie hatten an einem Protestzug von etwa 200 Leuten teilgenommen, der zwar relativ friedlich blieb, aber nicht genehmigt worden war.

André Anwar[Kopenhagen]

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