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Kopenhagen: Staatengemeinschaft nimmt Klimakompromiss nur "zur Kenntnis"

UPDATE Der Klimagipfel ist weitgehend gescheitert. Im Plenum wollten nicht alle Länder der "Kopenhagener Vereinbarung" zustimmen. UN-Generalsekretär Ban ist dennoch zufrieden.

Beim Kopenhagener Weltklimagipfel hat das Plenum die Abschlussvereinbarung lediglich "zur Kenntnis" genommen. Nach einer chaotischen Nachtsitzung verzichteten die Delegierten darauf, wie sonst üblich über alle Punkte einzeln abzustimmen.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich dennoch zufrieden mit dem Kompromiss. „Endlich haben wir ein Abkommen besiegelt“, sagte sich Ban am Samstag in Kopenhagen. Er  hob hervor, dass in allen Bereichen Ergebnisse erzielt worden seien und viele Staaten Verantwortung übernommen hätten. Ban verwies vor allem auf den unmittelbaren Effekt der kurzfristigen Finanzzusagen, die ab 2010 umgesetzt werden sollen. Er räumte ein, dass die „Kopenhagener Vereinbarung“ etwas sein könne, „auf das nicht jeder gehofft hat“. Insgesamt zeigte er sich aber zuversichtlich, dass es gelingen werde, die Vereinbarungen im nächsten Jahr in ein rechtsverbindliches Abkommen zu überführen.

Chaotische Nacht in Kopenhagen

Der dänische Konferenzpräsident Lars Løkke Rasmussen hatte das Abschlussplenum am Samstagmorgen unterbrochen, nachdem er zuvor nicht in der Lage war, einen Verfahrensvorschlag für die Abstimmung über den am Vorabend von 25 Ländern ausgehandelten Klima-Kompromiss vorzulegen.

Er hatte wegen des anhaltenden Widerstands von Ländern wie Sudan, Kuba, Venezuela und Bolivien schon erklärt, die Vereinbarung könne nicht angenommen werden. Die Sitzung wurde unterbrochen, damit die Konferenzleitung den tausenden Delegierten einen neuen Verfahrensvorschlag vorlegen kann. Die Vereinbarung muss im Prinzip per Konsens von allen Teilnehmerländern angenommen werden. Das schließt Ausnahmen etwa in Form von Vorbehaltserklärungen nicht aus.

In einer Nachtsitzung hatten sich zuvor die Regierungen von 25 Staaten nach streckenweise chaotischen Verhandlungen auf eine gemeinsame politische Erklärung geeinigt. Ein Sondergipfel der 25 Staaten billigte die Einigung offiziell. Doch Stunden später kam es im Plenum der Delegierten zum Eklat. Mehrere Redner machten lautstark ihre Opposition deutlich und drohten mit Ablehnung.

Verhandlungen in Hinterzimmern

Unter Beteiligung von US-Präsident Barack Obama, dem chinesischen Regierungschef Wen Jiabao und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten die Spitzenpolitiker aus wichtigen Industrie- und Schwellenländern das Kompromisspapier ausgehandelt, das ein unverbindliches Zwei-Grad- Ziel zur Begrenzung der Erderwärmung vorsieht. Mehrere Detailfragen wurden darin offengelassen. 

Gerade dieses Aushandeln in den Hinterzimmern des Kopenhagener Kongresszentrums war es, was die Delegierten im Plenum empörte. Vor allem Vertreter der linksgerichteten lateinamerikanischen Länder wie Venezuela, Nicaragua oder Kuba protestierten gegen den „Staatsstreich“ und das „diktatorische“ Verhalten. Der dänische Regierungschef und Konferenzleiter Lars Løkke Rasmussen unterbrach die Sitzung mehrfach, um sich mit seinen Mitarbeitern zu beraten. 

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte in der Nacht eine gemischte Bilanz der Einigung gezogen. „Wir haben zu entscheiden gehabt, ob wir den ganzen Prozess abbrechen oder aber ob wir das, was möglich war, nehmen und in diesem Prozess weiterarbeiten können. Diese Entscheidung ist mir sehr schwer gefallen.“ Merkel räumte ein, es sei nicht gelungen, verbindliche Verpflichtungen für Schwellen- und Entwicklungsländer festzuzurren. „Der Weg zu einem neuen Abkommen ist noch recht weit.“ Im Sommer sei eine Konferenz in Bonn geplant.

Klimakonferenz für Greenpeace "ernüchternd"

Die Grünen sprach von einem enttäuschenden Ergebnis. Umweltverbände übten massive Kritik an der Einigung. Die Umweltorganisation Greenpeace sprach von einem „ernüchternden“ Ergebnis. Eine historische Chance sei verpasst worden, kritisierte etwa der Klimachef von Greenpeace International, Martin Kaiser. Christoph Bals von Germanwatch bemängelte, die Klimaschutzambitionen seien „völlig unzureichend“. „Wenn sie nicht nachgebessert werden, wird es die Existenz von Staaten gefährden.

Obama nannte die Einigung dagegen „sinnvoll“ und in ihrer globalen Form „beispiellos“, aber auch nicht ausreichend im Kampf gegen den Klimawandel. Er sagte vor seinem Abflug aus der dänischen Hauptstadt: „Das hier ist eine sehr gute Grundlage für die weitere Arbeit.“ Die Einigung sehe auch vor, dass China seine Klimaschutzmaßnahmen überprüfen lasse. Die Klima-Streitigkeiten zwischen den USA und China, aber auch anderen Schwellenländern galten beim Kopenhagener Klimagipfel als wichtigstes Hindernis für ein Abkommen.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso äußerte sich kritisch. Er könne seine Enttäuschung kaum verbergen, meinte er. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy kündigte an, dass bei der nächsten UN- Klimakonferenz im Mai in Bonn neue Vereinbarungen erreicht werden sollen.

Russen entsetzt von schlechter Organisation

Den Weg frei gemacht hatte der erst am Abschlusstag nach Kopenhagen gereiste Obama zusammen mit dem chinesischen Premier Wen, Indiens Premierminister Manmohan Singh und dem südafrikanischen Präsidenten Jakob Zuma. Merkel lobte den Beitrag von US-Präsident Barack Obama. „Es war ein Glücksumstand, dass er heute da war.“    

Der letzte Gipfeltag in Dänemarks Hauptstadt war von einem selten erlebten Chaos bei den Verhandlungen und Sondierungen hinter verschlossenen Türen geprägt. Immer wieder wurden Treffen verschoben oder ganz abgesagt. Aus der Delegation des vorzeitig abgereisten russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew hieß es, man habe nie zuvor ein so schlecht organisiertes Gipfeltreffen erlebt. (sf/dpa/ddp)

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