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Politik: Kopf an Kopf

Gordon Brown und das Risiko Neuwahl: In Großbritannien holt Oppositionsführer David Cameron in den Umfragen auf

Von Markus Hesselmann

Die Gunst der britischen Wähler ist ein flüchtiges Gut. Folgt man den neuesten Meinungsumfragen, so hat David Cameron mit einer großen Rede einen massiven Umschwung bewirkt. Nach seinem umjubelten Auftritt beim Parteitag in Blackpool liegt der Konservativen-Chef nun fast gleichauf mit Premierminister Gordon Brown. Das legen Umfragen nahe, die von verschiedenen britischen Medien in Auftrag gegeben wurden. Die seriöse, aber alles andere als konservative Zeitung „The Guardian“ sieht die Konservativen sogar Kopf an Kopf mit Labour. Auf beide entfallen demnach jeweils 38 Prozent.

Vor dem Parteitag der Konservativen hatte der Labour-Politiker Brown in verschiedenen Umfragen jeweils bei knapp über 40 Prozent gelegen und mit bis zu elf Prozentpunkten vor den Konservativen geführt. Labour hat demnach kaum Prozentpunkte verloren. Die Konservativen aber konnten nach dem Parteitag von Blackpool zulegen, und zwar vor allem zulasten der Liberaldemokraten. Sie sind die dritte Kraft auf der Insel, kämpfen aber um ein klares Profil und eine treue Stammwählerschaft.

Britische Medien interpretieren die aktuellen Zahlen gestern erst einmal als Argument für Brown, entgegen allen Gerüchten nun doch keine Wahlen in diesem Herbst auszurufen. Doch diese Einschätzung kann sich nach den Erfahrungen der vergangenen Wochen schnell wieder ändern. In Großbritannien darf der Premierminister den Wahltermin bestimmen. Brown hätte damit bis 2010 Zeit.

David McCrone vom Institute of Governance der Universität Edinburgh warnt davor, die Umfragen, denen in den britischen Medien eine große Bedeutung beigemessen wird, zu überschätzen. Nach Parteitagen gebe es immer mal wieder solche Sprünge. „Das muss auf Dauer nicht unbedingt eine Bedeutung haben.“ Der Wissenschaftler zweifelt zudem die Aussagekraft mancher Umfragen an, hält aber zum Beispiel die Firma ICM, die Daten für den „Guardian“ erhebt, für seriös. Die gegenwärtigen Schwankungen erklärt McCrone aber auch mit der fortschreitenden Auflösung politischer Milieus. Wo rechts und links kaum noch zählen, wird die Kompetenz einzelner Politiker umso entscheidender. Hier konnte Cameron offenbar mit seinen sozialpolitisch wie wirtschaftlich detaillierteren Vorschlägen gegenüber Browns staatsmännischem Auftritt beim Parteitag in Bournemouth aufholen. Eines hält McCrone für sicher: „Die nächste Wahl wird ein offenes Rennen.“ Wann immer sie kommt.

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