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Politik: Korrekturen in letzter Minute

Die Koalitionsrunde kommt den Kritikern der Arbeitsmarktreform entgegen – und die scheinen zufrieden

Wenn man die beiden Herren so anschaut, wie sie wie kleine Jungs miteinander feixen, wie sie warme Worte finden für die „sehr gute Regelung“, auf die man sich gerade geeinigt habe, dann vergisst man für einen Moment, wie hart und erbittert in den letzten Tagen und Wochen um das so genannte Hartz-IV-Gesetz gerungen wurde. Dieses Ringen aber, das wollen der SPD-Generalsekretär Olaf Scholz und Grünen-Chef Reinhard Bütikofer der Öffentlichkeit weismachen, ist nun vorbei.

Gerade haben sie zu acht im Büro des Kanzlers gesessen und sich auf Änderungen bei der Reform des Arbeitsmarktes geeinigt. Jetzt, da die Zugeständnisse an die Kritiker ausgesprochen sind, kann man den Eindruck gewinnen, als seien die Herren Bütikofer und Scholz heilfroh, dass jene Kritiker einen solchen Aufstand gemacht haben. Durch die Diskussion sei eine ohnehin schon überzeugende Reform jetzt „noch überzeugender“ gemacht worden sei, lobt Scholz. Die Koalitionsoberen von SPD und Grünen sind den potenziellen Abweichlern aus den eigenen Reihen kräftig entgegengekommen (siehe Kasten unten). Aber nach außen soll das Ganze trotzdem nicht so wirken, als habe sich die Führung in Verhandlungen über den Tisch ziehen lassen. Und außerdem zittern die Koalitionsspitzen zu diesem Zeitpunkt noch vor dem Votum ihrer Kritiker.

In der SPD-Fraktion sollte, so war es da noch geplant, am Nachmittag noch eine Probeabstimmung durchgeführt werden, um festzustellen, ob sich die Korrekturen in letzter Minute gelohnt haben. „Wir müssen bis heute Abend Klarheit haben in der Fraktion“, fordert der wirtschaftspolitische Sprecher Rainer Wendt noch, ehe Fraktionschef Franz Müntefering die wichtige Sitzung einläutet und sich die Türen schließen.

Dann folgt ein Schlagabtausch, der weniger hart verläuft als etwa vor der Gesundheitsreform vor einigen Wochen. Doch ganz wollen die Kritiker ihren Widerstand nicht aufgeben. „Zwischen moderat und hart“ seien deren Reaktionen gewesen, berichtet ein Teilnehmer. Vor allem der Parteilinke Ottmar Schreiner hat sich vorgenommen, bis zum Letzten für Korrekturen zu kämpfen. „Das wird uns noch ein paar Nächte kosten“, prophezeit ein führender Fraktionsgenosse im Hinblick auf den Freitag.

Ärgerlicherweise sind auch die Schriftstücke mit den aktuellen Änderungen viel zu spät in die Fraktion gefahren worden. Für eine Prüfung der Details bleibt einfach keine Zeit. Deshalb muss Fraktionschef Müntefering die geplante Abstimmung um einen Tag verschieben. An diesem Dienstag werden sich die Abgeordneten am Nachmittag ohnehin wieder versammeln. Die ganze Nacht hindurch wollten die Kritiker das modifizierte Gesetz auf seine Einzelheiten prüfen.

Dennoch signalisieren vermeintliche Abweichler wie Fritz Schösser und Sigrid Skarpelis-Sperk am Montagabend, dass sie ganz zufrieden sind mit dem neusten Stand. Skarpelis-Sperk kommt jedoch auch noch einmal auf die Worte des Generalsekretärs zurück, der die jüngsten Änderungen am Nachmittag so gelobt hatte. „Wenn es so ist, hätte ich mir gewünscht, dass diese Änderungen etwas früher gekommen wären. Dann hätten wir uns viele Nerven in der SPD gespart.“ Man mag Skarpelis-Sperk so manche Eigentümlichkeit vorwerfen. Aber so ganz Unrecht hat sie mit dieser Aussage nicht.

Markus Feldenkirchen

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