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Kosovo

© AFP

Kosovo: Stolz, unabhängig, frei

Begleitet von Jubelfeiern der Bevölkerung hat das Parlament im Kosovo die bisherige serbische Provinz für unabhängig erklärt. Das Kosovo besiegelt die Trennung von Serbien - und in Pristina fallen sich die Menschen in die Arme.

„Bac, u kry – Onkel, es ist vollbracht!“ steht auf einem riesigen Transparent am Hotel Iliria im Herzen von Pristina, der Hauptstadt des neuen Staates Kosovo. Die Worte sind an Adem Jashari gerichtet, die 1998 getötete Symbol- und Gründerfigur der Kosovo-Befreiungsarmee UCK. Sein Porträt prangt ebenfalls auf dem Plakat. Unter den Augen Jasharis, auf dem „Mutter-Teresa-Boulevard“, ist kaum mehr ein Fortkommen. Zehntausende Kosovo-Albaner singen, tanzen – einzeln, zu zweit, in Gruppen im Kreis. Viele von ihnen sind aus dem Ausland angereist. Tausende Fahnen machen die einzige Fußgängerzone der Stadt zu einem Farbenmeer. Es ist vor allem die albanische Flagge mit dem schwarzen Doppeladler auf roten Grund, die Kinder genauso wie junge Männer und Greise schwenken, in die sie sich gehüllt haben, die an den Hausfassaden hängt. Doch auch unzählige Flaggen der „Freunde Kosovos“ sind zu sehen, der USA, der EU und der Nato, dazwischen immer wieder auch die Banner Deutschlands und der Schweiz.

„Das ist das Beste, was mir im Leben passiert ist – danke Deutschland!“, ruft Shaziman Alili in den stahlblauen Nachmittagshimmel. Über seinem Kopf überspannt ein Transparent mit dem Konterfei von Ibrahim Rugova die Straße. Ihm, dem ersten Präsidenten der Kosovo-Albaner, war es nicht mehr vergönnt, diesen historischen Augenblick mitzuerleben. Er starb vor zwei Jahren.

Unterdessen hat das Parlament des Kosovo zu tagen begonnen. 109 der insgesamt 120 Abgeordneten sind da – die serbischen Parlamentarier boykottieren die Sitzung. Es ist 15.35 Uhr, als Ministerpräsident Hashim Thaci das zweite Mal das Wort ergreift, alle Abgeordneten im Parlament sind aufgestanden. Thaci liest feierlich die Deklaration der Unabhängigkeit des Kosovo vor. In den Kneipen der Stadt spricht niemand mehr ein Wort, draußen auf den Straßen unterbrechen die Menschen für ein paar Minuten ihren lautstarken Jubel, halten inne, lauschen den über Lautsprecher übertragenen Worten des Ministerpräsidenten.

Dann ist der historische Moment da: Ohne eine einzige Gegenstimme nimmt das Parlament die Unabhängigkeitserklärung einmütig an. Um genau 15.50 Uhr verkündet Parlamentspräsident Jakup Krasiniqi feierlich: „Kosovo ist eine Republik – ein unabhängiger, demokratischer und freier Staat“. Die Parlamentarier fallen sich genauso in die Arme wie Tausende von Kosovo-Albaner auf den Straßen Pristinas und im ganzen Land.

Zuvor hatte Ministerpräsident Thaci in seiner Ansprache verkündet: „Von heute an ist das Kosovo stolz, unabhängig und frei“. Belgrad werde nie mehr das Kosovo beherrschen. In serbischer Sprache und damit an die rund 120 000 Serben im Kosovo gerichtet sagte er: „Lasst diesen Tag einen Neuanfang sein für eine bessere Zukunft aller Bürger des Kosovo.“ Mit der Unabhängigkeitserklärung hat das Parlament von Kosovo auch die Rechtstaatsmission der EU mit über 1800 Polizisten, Zollbeamten, Richtern und Staatsanwälten ausdrücklich im Land willkommen geheißen. Zudem hat die Abgeordnetenkammer zugestimmt, den Plan des UN-Vermittlers Martti Ahtisaari als Grundlage für den neuen Staat zu verwenden. Damit verpflichtet sich Kosovo besonders zu einem umfassenden Schutz der ethnischen Minderheiten.

Norbert Rütsche[Pristina]

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