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Politik: KP-Chef von Schanghai abgesetzt

Er soll Staatsgeld abgezweigt und Kriminelle gedeckt haben / Hintergrund möglicherweise Machtkampf

Der einflussreiche KP-Chef von Schanghai, Chen Liangyu, ist wegen seiner Verwicklung in einen Korruptionsskandal geschasst worden. Das Politbüromitglied Chen ist der ranghöchste Regierungsbeamte, der seit der Machtübernahme von Staats- und Parteichef Hu Jintao 2003 als korrupt aus dem Amt entfernt wurde.

Chen sei in einem Skandal um den Missbrauch von Pensionsgeldern verwickelt und habe „unheilvolle politische Effekte“ ausgelöst, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Montag unter Berufung auf einen Bericht der Disziplinarkommission der KP. Dem 59-Jährigen wird außerdem vorgeworfen, befreundete „illegale Unternehmer“ unterstützt und kriminelle Untergebene gedeckt zu haben.

Nach Angaben von Xinhua wurde Chen auch aus dem 24-köpfigen Politbüro der KP entfernt – einem der mächtigsten Entscheidungsgremien des Landes. Auf der Webseite der Schanghaier Regierung wurde sein Name am Montag bereits nicht mehr erwähnt. Unklar war zunächst, ob gegen Chen auch strafrechtlich vorgegangen wird.

Berichten zufolge hatten mehr als 100 Beamte in den vergangenen Wochen einen Korruptionssumpf in Schanghai ausgehoben. Im Mittelpunkt steht die Veruntreuung von 10 Milliarden Yuan (990 Millionen Euro) aus städtischen Pensionsfonds. Sie sollen in illegale Investitionen und Kredite geflossen sein. Zuvor waren zwei ranghohe Schanghaier Beamte und mehrere Immobilienunternehmer wegen Korruption angeklagt worden.

Für Außenstehende ist es nicht möglich, die Korruptionsvorwürfe gegen Chen zu überprüfen. In der Vergangenheit haben Chinas Führer solche Anschuldigungen auch benutzt, um politische Rivalen auszuschalten oder Machtkämpfe auszutragen. Beobachter gehen davon aus, dass Staatschef Hu Jintao mit dem Schritt gegen Chen seine Machtbasis vor dem Parteitag im nächsten Jahr ausbauen will. Schanghai war bislang die Hochburg des früheren Staats- und Parteichefs Jiang Zemin. Er hatte über Jahre eine sogenannte „Schanghai-Fraktion“ aus loyalen Kadern aufgebaut und damit wichtige Entscheidungszentren besetzt.

Im Herbst 2007 findet in Peking der 17. Parteitag der KP statt, auf dem die Regierungslinie der kommenden Jahre entschieden wird. Dabei wird Hu Jintao den Erwartungen zufolge versuchen, Schlüsselpositionen in Partei und Regierung mit Vertrauten zu besetzen. Im Vorfeld des Kongresses gingen die Behörden in den vergangenen Monaten bereits hart gegen Bürgerrechtler und Internetaktivisten vor, die zum Teil zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurden.

Harald Maass

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