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Politik: Krach um die Kohle

Der Wirtschafts- und der Umweltminister sind sich über die Klimaziele uneinig. Wie groß soll der Beitrag der Industrie sein?

Von Dagmar Dehmer

und Bernd Hops

Trotz der Rücksichtnahme der Grünen auf den darbenden Koalitionspartner SPD bahnt sich im Kabinett ein neuer, heftiger Konflikt an. Es geht um den Emissionshandel. Von 2005 an wird in der Europäischen Union mit Berechtigungen zum Ausstoß von Kohlendioxid (CO2) gehandelt. Derzeit streiten Regierung und Industrie allerdings noch darüber, wie diese Emissionsrechte verteilt werden.

Nachdem Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) vor eineinhalb Wochen einen Entwurf vorgelegt hat, ist nun Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am Zug. Noch vor einem Monat verlangte er, der Industrie bis 2007 nicht mehr Klimaschutz abzuverlangen – es gehe um Wettbewerbsfähigkeit. Allerdings müsste er diese zusätzlichen Emissionsrechte Verkehrsminister Manfred Stolpe (SPD) abhandeln, der sich der Diskussion um den Emissionshandel bisher verweigert hat. Er dürfte im Verkehr nicht freiwillig mehr CO2 reduzieren wollen, damit Clement die Industrie schonen kann. Das wichtigste Ziel Clements ist aber, eine „Verdrängung der Kohle“ durch den Emissionshandel zu verhindern.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) sagte seine Teilnahme am für diesen Donnerstag geplanten Treffen zum Emissionshandel ab. Auf Seiten der Bundesregierung sei unter anderem eine „abgestimmte Verhandlungsposition“ erforderlich für ein konstruktives Gespräch, schrieb Klaus Mittelbach, Leiter der Abteilung Umweltpolitik beim BDI, in einem Brief an das Umweltministerium. Der BDI sei aber weiter grundsätzlich zu Gesprächen bereit.

Im Umweltministerium zeigte man sich erstaunt über die BDI-Kritik. Schließlich fußten die Einsparziele auf der Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft, die 2002 auch der BDI unterzeichnet hatte. Bis 2010 sollen demnach die CO2-Emissionen um 45 Millionen Tonnen in Industrie und Energiewirtschaft sinken. Die angestrebte Reduzierung sei also klar, hieß es in Ministeriumskreisen.

BDI-Umweltexpert Joachim Hein sagte dagegen dem Tagesspiegel, die Selbstverpflichtung sei unter „ganz anderen Bedingungen“ eingegangen worden. Der BDI stehe zwar weiterhin zu den Zielen, auch wenn man sich wahrscheinlich heute nicht mehr so verpflichten würde. Hein kritisierte außerdem, dass Trittin keine zusätzlichen Emissionsrechte für das Wachstum bereitstellen wolle – im Gegensatz zu Österreich oder den Niederlanden. „Alle EU-Mitgliedstaaten nutzen die Spielräume der EU-Richtlinie zugunsten ihrer Wirtschaft, nur Deutschland nicht.“

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