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Krach um Zypern: Es knirscht im Gebälk der türkisch-europäischen Beziehungen

Das neue Jahr hat nicht gut begonnen für die türkisch-europäischen Beziehungen. Nach dem Streit um den griechischen Grenzzaun gibt es jetzt Krach um Zypern.

Gerhard Schröder ist zwar schon lange nicht mehr deutscher Bundeskanzler, aber türkische Spitzenpolitiker ziehen ihn in europapolitischen Fragen immer noch gerne als Berufungsinstanz heran. So auch jetzt wieder, nachdem Schröders türkei-skeptische Nachfolgerin Angela Merkel mehr Zugeständnisse der türkischen Seite auf Zypern forderte. Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan konterte, Merkel wisse wohl nicht, dass die Wiedervereinigung der Insel im Jahr 2004 nicht an den Türken gescheitert sei, sondern an den Zyperngriechen. „Sie sollte sich mal mit Schröder hinsetzen und einen Tee trinken“, sagte Erdogan.

Das neue Jahr hat nicht gut begonnen für die türkisch-europäischen Beziehungen. Auf den Streit um den griechischen Grenzzaun folgt jetzt der neue Krach um Zypern. Erdogan und andere Ankaraner Politiker reagieren allergisch auf den Vorwurf, die Türkei trage die Verantwortung dafür, dass auf der seit 1974 geteilten Mittelmeerinsel trotz der Friedensgespräche nichts vorangeht. Sie verweisen darauf, dass die türkische Seite vor sechs Jahren einem UN-Friedensplan für die Insel zustimmten, die Griechen aber nicht. Trotzdem wurde Zypern wenig später in die EU aufgenommen. Das sei ein Fehler gewesen, habe auch Merkel selbst zugegeben, sagte Erdogan. Nun wolle die Kanzlerin davon aber nichts mehr wissen.

Das von Merkel geforderte türkische Entgegenkommen auf Zypern dürfte es jedenfalls in absehbarer Zeit nicht geben. Schon beim Besuch des griechischen Premiers Georgios Papandreou vergangene Woche stellten Erdogan und sein Außenminister Ahmet Davutoglu klar, dass Ankara nicht an solche Zugeständnisse denkt. Große Schäden für den türkischen EU-Prozess erwarten die Außenpolitiker nicht. Die Beitrittsverhandlungen treten ohnehin auf der Stelle, und in der zweiten Hälfte des Jahres werden ausgerechnet die griechischen Zyprer den EU-Vorsitz innehaben: Ankara hat also nicht viel zu verlieren.

Nicht nur beim Zypern-Konflikt knirscht es im Gebälk zwischen Türken und Europäern. Differenzen gibt es auch in der Frage des iranischen Atomprogramms, über das am 21. und 22. Januar in Istanbul verhandelt wird. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will an diesem Donnerstag bei einem Besuch am Bosporus herausfinden, wo Gastgeberin Türkei im Atomstreit denn nun eigentlich steht. Davutoglu hatte das Treffen in den vergangenen Tagen bereits in Kontakten mit der iranischen Regierung vorbereitet.

Aus türkischer Sicht ist die umstrittene – und vom Westen abgelehnte - Vereinbarung zwischen der Türkei, Brasilien und Iran über eine Zwischenlagerung von iranischem Uran auf türkischem Boden immer noch Verhandlungsgrundlage. Die Iraner versuchen offenbar, Türken und Brasilianer als Partner zu gewinnen. So schlug Teheran vor, die nächste Gesprächsrunde nach der in Istanbul in den kommenden Monaten in Brasilien stattfinden zu lassen.

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