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Leise Chefin. Bundeskanzlerin Angela Merkel wollte die Einlassungen ihrer Kollegen nicht kommentieren. Sie wünschte lediglich einen „Guten Morgen“.Foto: Maurizio Gambarini/dpa

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Politik: Krach vor dem Finale

Die entscheidenden Runden stehen an. Beide Seiten drohen mit dem Scheitern – doch Neuwahlen will eigentlich niemand.

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Berlin - Angela Merkel ist ausgesprochen wortkarg in diesen Tagen, aber am Dienstag früh fällt ihr Schweigen sozusagen dröhnend aus. Mit einem freundlichen „Guten Morgen“ nach dem anderen weist die Kanzlerin auf dem Weg ins Willy-Brandt-Haus alle Fragen nach Horst Seehofers jüngsten Eskapaden ab. Aber auch der CSU-Chef will sich lieber nicht selbst kommentieren und strebt stumm lächelnd der Tür zur SPD-Zentrale zu. Seehofer hat das Wort „Neuwahlen“ in den Mund genommen, als eine Möglichkeit, falls die Koalitionsverhandlungen an der SPD oder an deren Basis scheitern sollten. Das Wort fand prompt den Weg aus dem CSU-Vorstand in die „Süddeutsche Zeitung“. Und damit wurde es zur Drohgebärde.

Zwar schob der Freund doppelsinniger Botschaften noch ein abwiegelndes „Aber das steht nicht an“ hinterher. Weil aber auch der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) plötzlich wieder die Grünen als alternativen Bündnispartner ins Spiel brachte, stand plötzlich die Möglichkeit eines Scheiterns der Koalitionsgespräche im Raum. Zumal die Grünen das Angebot gerne aufnahmen: Man könne ja noch mal reden.

Zehn Tage vor dem geplanten Ende der Verhandlungen stehen beide Seiten unter Druck. In der Union herrscht Unmut über die Öffnung der Sozialdemokraten hin zur Linkspartei, vor allem aber auch über den Eindruck, dass SPD-Chef Sigmar Gabriel das geplante Mitgliedervotum seiner Partei über den Koalitionsvertrag als Druckmittel einzusetzen versucht. Mehrere Landesverbände der CDU wollen ihre Parteibasis im Gegenzug jetzt ebenfalls über die große Koalition debattieren lassen – auch wir, lautet die Botschaft, haben eine Basis, und auch die will Ergebnisse sehen.

Der SPD-Spitze wiederum hat der unruhige Leipziger Parteitag schmerzlich vor Augen geführt, welch hohes Risiko sie mit dem Mitgliederentscheid eingeht. SPD-Fraktionsvize Elke Ferner versuchte die Verantwortung für den Ausgang der großen Runde am Dienstag bei der Union abzuladen. „Jede Seite muss wissen, was sie bereit ist, an Kompromissen einzugehen“, warnte sie den Partner vor Beginn der Runde. Wenn das Ergebnis am Ende nicht stimme, werde es sogar nicht erst den 470 000 SPD-Mitgliedern zur Abstimmung vorgelegt.

Aber Ferner ist in der Union schon länger als Scharfmacherin abgehakt. Richtig ernst nehmen viele die Drohgebärden nicht. „Der bayerische Löwe brüllt jetzt noch mal“ , kommentierte der SPD-Parteilinke Ralf Stegner Seehofers Neuwahl-Spiel. Auch in der CDU erinnern sie beziehungsreich daran, dass die kleine Schwesterpartei am Freitag und Samstag in München einen Parteitag vor sich hat.

Und CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt warnte zwar nach mehr als sechs Stunden Diskussion in der großen Koalitionsrunde die SPD vor Versuchen, die Union austricksen und das Wahlergebnis auf den Kopf stellen zu wollen. Aber Dobrindt betonte doch auch den „festen Willen“ zum Erfolg. Tatsächlich ist es ja gerade Seehofers CSU, die die große Koalition der schwarz-grünen Alternative vorzieht. „Das ist doch absurd“, kommentiert ein CDU-Spitzenmann vor dem Willy-Brandt-Haus das öffentliche Aufmänteln, „da drinnen will doch jeder dieses Bündnis!“

Und wirklich, „da drinnen“ spielt der Theaterdonner keinerlei Rolle. „Es ist weder Kuscheln noch Liefern noch Radau machen, es ist harte Arbeit“, fasst CDU-General Hermann Gröhe zusammen. Seine SPD-Kollegin Andrea Nahles geht noch weiter: Die großen Streitfragen zu lösen werde für die Parteichefs nächste Woche „nicht weniger als die Quadratur des Kreises“.

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