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Eine Preisanzeige an einer Tankstelle zeigt in Hamburg 98,9 Cent pro Liter Diesel und 1,21 Euro pro Liter Super 95 E10 an.

© dpa

Kraftstoffpreise: Diesel für 99 Cent - eine schlechte Nachricht für gute Menschen

Der Preis für Diesel ist auf 99 Cent gefallen. Eine gute Nachricht? Oder eine schlechte? Unser Kolumnist Bernd Matthies ist hin- und hergerissen. Eine Glosse.

Eine Glosse von Lars von Törne

Herr Redakteur: Wo bleibt denn nun das Positive? Ja, weiß der Teufel, wo es bleibt... Zitat, Erich Kästner, Ende. Daran hat sich in den letzten Jahrzehnten wenig geändert, das Wissen liegt unverändert beim Teufel, und alle Versuche, mal eine Zeitung mit ausschließlich guten Nachrichten zu schreiben, sind an der Belanglosigkeit dieser Nachrichten zerschellt.

Dabei wäre hier mal eine. Haben Sie’s gemerkt? Diesel schon da und dort unter einem Euro in Berlin und dem größten Teil des Restes der Republik. Und Heizöl, meine Güte, unsere Anteilnahme gilt all jenen, die grad keinen Platz zum billigen Nachtanken haben.

Aber wie es so ist im Leben, schaut uns die Freude an und fragt: Darf ich überhaupt? Sind so banale Reflexe überhaupt noch erlaubt? Und dann rasselt natürlich die Bewusstseinsmaschine sofort auf Hochtouren. Wer ist schuld? Die Opec, die um Marktanteile kämpft und dabei keine Gefangenen macht. Darf sie das? Und tut sie das im Grunde nicht nur unter dem Druck des bösen amerikanischen Frackings?

Und was ist mit den sinkenden Steuereinnahmen?

Und dann Paris. Unzählige heroische Umweltkämpfer streiten dort gerade, ob der große Thermostat künftig auf plus einskommafünf oder zwei Grad eingestellt werden soll, das ist keine einfache Sache und will wohlüberlegt sein. Und spottbilliges Öl ist natürlich kein gutes Argument, wenn man immer mehr Windräder urbi et orbi verteilen und die Autolobby um jeden Preis zum Rad- bzw. Tesla-Fahren bringen will.

Überhaupt funktionieren ja die Kampagnen, die den guten Menschen in uns herausfordern, am besten, wenn das Öl teuer ist. Dicke, teure Isolierungen an alle Fassaden kleben, wie es Ulrich Wickert so vertrauenswürdig vorgeschlagen hat? Ein Witz, wenn es sich auch in 100 Jahren nicht rechnet, beim aktuellen Ölpreis vermutlich eher 200.

Schließlich wäre noch unser Finanzminister zu bedenken, dem es richtig wehtut, wenn die Mehrwertsteuer auf die Treibstoffe plötzlich wegsackt. Da wird die schwarze Null gleich von mehreren Seiten untergraben. Wir sehen schon: Der top-bewusste Zeitgenosse hat sogar allen Grund zur Trauer. Es ist heute viel komplizierter mit den guten Nachrichten, als Erich Kästner sich damals hätte träumen lassen.

Ach, ich freu mich einfach mal.

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