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Politik: Krankenkasse fordert Patienten zu Verfassungsklage auf

Der Gesundheitsstreit spaltet die Union: Ministerpräsident Böhmer greift Länderchefs an

Berlin - Im Streit über die Gesundheitsreform gerät die Politik jetzt noch mehr unter Druck. Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH), viertgrößte gesetzliche Kasse, will die Reform zur Not mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verhindern. „Es wäre der Gipfel der Unverfrorenheit, wenn uns die Regierung zwingen würde, anderen Kassen beim Schuldenabbau zu helfen“, sagte KKH- Vorstandschef Ingo Kailuweit dem Tagesspiegel. Er bezieht sich damit auf Regierungspläne, die Kassen vor dem Start des Gesundheitsfonds zu gegenseitiger Finanzhilfe beim Schuldenabbau zu verpflichten. „Wir würden unsere Versicherten unterstützen, wenn sie gegen diese Ungerechtigkeit vor Gericht ziehen wollen – auch wenn sie bis Karlsruhe gehen“, sagte Kailuweit. Das Gesundheitsministerium verteidigte die Pläne. Laut Sozialgesetzbuch stellten alle gesetzlichen Kassen eine Solidargemeinschaft dar, sagte Sprecher Klaus Vater dem Tagesspiegel. Hilfe innerhalb einer Kassenart sei gang und gäbe. Außerdem sei zu bezweifeln, dass Körperschaften öffentlichen Rechts Klagen gegen den Staat unterstützen dürften.

Unterdessen weitet sich der Koalitionsstreit über die Reform zum Unionsstreit aus. Der Regierungschef von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), wandte sich im Tagesspiegel gegen Forderungen anderer Unions-Ministerpräsidenten, die zumutbare Belastung für gesetzlich Versicherte zu erhöhen, und übte Kritik an deren Solidaritätsverständnis. Er verteidigte die Begrenzung der Zusatzprämie. Dass sie ein Prozent des Einkommens nicht übersteigen solle, sei zwar ein SPD-Anliegen gewesen. Die Unionsunterhändler hätten aber zugestimmt, „auch die der CSU“. Je niedriger der Prozentsatz der Zumutbarkeitsgrenze, desto größer sei der Anteil, der solidarisch finanziert werden müsse, sagte Böhmer. Solidarische Finanzierung sei „ein Grundanliegen der CDU, das wir auf dem Leipziger Parteitag mit großem Brimborium beschlossen haben“.

Es sei kein Zufall, dass die Länder höhere Regelungen forderten, die schon gegen den Risikostrukturausgleich geklagt hätten, sagte Böhmer. Er kritisierte auch deren Forderung nach regionalen Zu- und Abschlägen bei den Einheitsbeiträgen. Es habe „keinen Sinn, am Sonntag schöne Predigten über Solidarität und Gemeinsinn zu halten, wenn wir uns dann in der Woche, wenn’s konkret wird, genau darüber streiten müssen“. Ausdrücklich lobte Böhmer Merkels Kurs im Gesundheitsstreit. Die Kanzlerin gebe sich Mühe, „alle möglichst fair unter einen Hut zu bekommen“, sagte er und bescheinigte ihr „ausgesprochene Nervenstärke“.

Trotz des Streits über die Gesundheitsreform verteidigte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil die Regierungskoalition und wies das Werben der FDP für ein sozialliberales Bündnis zurück. Seine Partei stehe zur großen Koalition. Alle Spekulationen über andere Koalitionen bis zur Bundestagswahl 2009 seien „überflüssig“, sagte er der „Süddeutschen Zeitung“.

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