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Krankenkassen: Rechnungshof rügt Millionen für abgesetzte Kassenchefs

Drei ehemals eigenständige Krankenkassen haben ihre nun beschäftigungslosen Chefs mit gut 1,5 Millionen Euro abgefunden - aus Versichertenbeiträgen. Für die obersten Rechnungsprüfer ist das ein Unding.

Die drei bayerischen Betriebskrankenkassen waren so klein und klamm, dass sie dringend mit einer vierten fusionieren mussten. Das hinderte die neue Kasse aber nicht daran, die drei nun arbeitslos gewordenen Vorstände mit fürstlichen Abfindungen zu beglücken. 1,6 Millionen Euro erhielten die ehemaligen Kassenchefs aus Beitragsgeldern. Für den Bundesrechnungshof ein Unding. „Die hohen Abfindungen und die dafür geschuldeten, aber zu vernachlässigenden Arbeitsleistungen stehen im krassen Missverhältnis“, heißt es in einem Prüfbericht, den die Bonner Behörde am Donnerstag vorlegte. Die Begünstigten erhielten ihr volles Gehalt bis zu sechs Jahre weiter, ohne groß etwas dafür tun zu müssen.

Gerade in Zeiten finanzieller Probleme bei den Kassen sei ein solches Vorgehen „nicht legitimierbar“, sagte eine Sprecher in Bonn. Im konkreten Fall müsse geprüft werden, ob die Zahlungen wegen Sittenwidrigkeit gestoppt und bereits geleistete Beträge zurückgefordert werden könnten, heißt es in dem Bericht. Ansonsten sei auch denkbar, den Vorstand der neuen Krankenkasse in Regress zu nehmen.

Schon in seinem Jahresbericht vom Dezember 2009 hatte der Bundesrechnungshof festgestellt, dass die Vergütungen der Vorstandschefs großer Krankenkassen in 90 Prozent der Fälle überhöht seien. Die jetzt aufgedeckten Missstände müssten endlich dazu führen, dass künftig sämtliche Änderungen an Kassenvorstandsverträgen vorher von den Aufsichtsbehörden zu prüfen seien, forderte der Rechnungshof nun. Schließlich gewännen Vertragsauflösungen angesichts der zahlreichen Fusionen von Krankenkassen „zunehmend an Bedeutung“. Seit dem Start des Gesundheitsfonds im Januar 2009 hat sich die Zahl gesetzlicher Kassen bereits um 46 verringert, zurzeit liegt sie bei 169.

Beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen will man natürlich keine schärferen Vorgaben. Daher ist man dort höchst unglücklich über das Selbstbedienungsgehabe mancher Kassenvorstände. „Wir gehen davon aus, dass Vergütungen und eventuelle Abfindungen für Kassenvorstände mit Augenmaß ausgehandelt werden“, sagte Sprecher Florian Lanz dem Tagesspiegel. „Sollte dies in Einzelfällen wider Erwarten nicht so sein, müsste geprüft werden, inwieweit dann die zuständigen Aufsichten gefordert sind.“

Dass der Rechnungshof seinen Jahresbericht schon nach vier Monaten aktualisiert, ist neu. Präsident Dieter Engels begründete dies mit der „historischen Neuverschuldung“, wegen der „jede Einsparung und jede Effizienzsteigerung beim Bund an Bedeutung für die Handlungsfähigkeit des Staates“ gewinne. Die neu aufgelisteten Mängel summieren sich zu Ausfällen in hoher zweistelliger Millionenzahl. So habe allein die Bundeswehr 42 Millionen Euro für ein IT-System in den Sand gesetzt. Kritisiert wird auch das Land Berlin, das Arbeitsuchenden überhöhte Unterkunftskosten zahle und dies anteilsmäßig dem Bund aufdrücke. Trotz einer Verurteilung zu hohem Schadenersatz gehe diese Praxis weiter, heißt es.

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