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Kreml-Kritiker: Chodorkowski angeblich im Hungerstreik

Der inhaftierte Kreml-Kritiker Michail Chodorkowski befindet sich offenbar im Hungerstreik. Der Ex-Chef des Ölkonzerns Jukos will solange nichts essen und trinken, wie sein Kompagnon Lebedjew in Isolationshaft eingesperrt ist.

Moskau (24.08.2005, 16:52 Uhr) - Anwälte des inhaftierten Ex-Ölmagnaten Michail Chodorkowski (42) beatätigten am Mittwoch entgegen Behördenangaben einen Hungerstreik ihres Mandanten. Die Gefängnisaufsicht in Moskau dementierte die Nahrungsverweigerung. «Chodorkowski bekommt regelmäßig Lebensmittelpäckchen und isst auch», teilte die Behörde mit. Außerdem habe Chodorkowski am Mittwoch im Gefängnisladen für 4200 Rubel (120 Euro) Lebensmittel eingekauft.

Die Justiz-Information, dass Chodorkowski ganz normal esse, sei eine Irreführung der Öffentlichkeit, erklärte dagegen Verteidiger Juri Schmidt nach Angaben der Agentur Interfax. Der Ex-Chef des Ölkonzerns Jukos werde solange nichts essen und trinken, wie sein Kompagnon Platon Lebedjew (48) in Isolationshaft eingesperrt sei.

Lebedjew muss noch bis Donnerstag in einer zwei mal zwei Schritte großen Einzelzelle sitzen. Das Gefängnis begründete die einwöchige Strafe mit der Weigerung des Untersuchungsgefangenen, am täglichen Hofrundgang teilzunehmen. Chodorkowski vermutete dagegen einen Racheakt wegen seiner fortgesetzten Kritik an Präsident Wladimir Putin. Zuletzt hatte der Ex-Milliardär einen Zusammenschluss linker und demokratischer Kräfte gegen Putin gefordert.

Nach diesen Äußerungen verschärfte die Justiz Anfang August die Haftbedingungen für die beiden Gefangenen. In den chronisch überfüllten russischen Gefängnissen hatte Chodorkowski bislang das Privileg einer Vier-Mann-Zelle genossen. Er wurde in eine Gemeinschaftszelle mit 15 Mitgefangenen verlegt. Der Nichtraucher Chodorkowski klagte, dass dort stark geraucht werde. Es gebe auch keinen funktionierenden Fernseher für Nachrichtensendungen.

Lebedjew musste nach Angaben seines Anwaltes Jewgeni Baru in der Strafzelle den ganzen Tag über stehen oder hocken. Das zu kurze Klappbett werde nur für die Nachtstunden von 22.00 bis 6.00 Uhr heruntergelassen. Der kranke Häftling wurde diesen Angaben nach in der Einzelzelle nicht mit seinen Medikamenten und seiner Diät versorgt. Aus der Einzelzelle heraus legte Lebedjew Protest gegen Protokolle seines Gerichtsprozesses ein, um eine gesetzte Frist bis Donnerstag zu wahren.

Chodorkowski und Lebedjew waren am 31. Mai wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt worden, gingen aber in Berufung. Das Vorgehen der Justiz gegen den Konzern Yukos und seine Eigner gilt als vom Kreml gesteuert. (tso/dpa)

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