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Bei dem Angriff der Regierungstruppen auf einen Markt in Douma am Sonntag kamen mehr als hundert Menschen ums Leben.

© Bassam Khabieh/Reuters

Krieg in Syrien: Assads Finale rückt näher

Syriens Herrscher braucht Verbündete im Kampf gegen den IS. Dafür muss er aber auch Zugeständnisse machen - wie zum Beispiel freie Wahlen

In der Nacht zu Dienstag erlebte der UN-Sicherheitsrat in New York einen seltenen Moment der Einigkeit. Als die neue Syrien-Resolution zur Abstimmung aufgerufen wurde, waren außer Venezuela alle Hände oben. Diesmal gab es kein Veto Russlands und Chinas gegen den harschen Text, der die mörderischen Fassbombenangriffe des Assad-Regimes auf die Zivilbevölkerung verurteilte und gleichzeitig einen politischen Übergangsprozess forderte, um den Bürgerkrieg zu beenden. Der französische UN-Vizebotschafter sprach von einem „historischen Augenblick“. Außenminister Frank-Walter Steinmeier erklärte, es könnte nun gelingen, die Blockaden der letzten Jahre zu überwinden. Erst am Sonntag hatte ein verheerender Luftangriff des Regimes auf einen belebten Markt im Damaskus-Vorort Douma mehr als hundert Menschen das Leben gekostet.

Moskau hat Angst vor IS-Rückkehrern in Zentralasien

Seit der Atomeinigung in Wien kommt auch in den zweiten Großkonflikt der Region diplomatische Bewegung, um das Morden mit bisher über 250 000 Toten zu stoppen sowie einen chaotischen Kollaps des Regimes zu verhindern. „Der Iran-Vertrag hat einen großen Stein in die diplomatischen Wasser des Nahen Ostens geworfen“, schrieb die jordanische Zeitung „Al Ghad“. Die Initiative geht vom Assad-Verbündeten Russland aus, welcher die Heerscharen von IS-Dschihadisten aus Zentralasien und dem Kaukasus fürchtet, die eines Tages aus Syrien und Irak in ihre Heimat zurückkehren könnten. Und so versuchten Moskaus Diplomaten in den letzten Wochen auf allen Kanälen, die regionalen Assad-Gegner Türkei und Saudi-Arabien davon zu überzeugen, dass der Kampf gegen den IS künftig wichtiger ist als der Sturz ihres Intimfeinds in Damaskus.

Umgekehrt ist der Kreml offenbar bereit, seinen politischen Schützling im Zuge einer umfassenden Friedensregelung fallen zu lassen. Dessen Armee ist in die Defensive geraten, weil ihr die Rekruten ausgehen. Vom Norden greift die islamistische „Eroberungsarmee“ an, deren militärisches Rückgrat Al Qaida bildet. Von Osten rückt der „Islamische Staat“ heran. Im Süden operieren gemäßigte Rebellenverbände an der Grenze zu Jordanien. Gleichzeitig häufen sich im alawitischen Kernland des Präsidenten die Zwischenfälle. Vergangene Woche ging in der Mittelmeerstadt Latakia eine Bombe hoch und schlugen mehrere Rebellenraketen ein. Familien verstecken ihre Söhne, damit sie nicht als Kanonenfutter umkommen. Ein Cousin des Präsidenten erschoss nach einem Verkehrsdisput einen syrischen Offizier. Als mehrere hundert empörte Assad-Anhänger seine Hinrichtung verlangten, ließ der Diktator ihn verhaften.

Verbündete in Saudi-Arabien gesucht

Und so wundert es nicht, dass Assads Nationaler Sicherheitsberater Ali Mamlouk jetzt erstmals in Oman und Saudi-Arabien gesichtet wurde, wo er im Königspalast von Dschidda Vizekronprinz und Verteidigungsminister Mohammed bin Salman traf. Nach Aussagen von Teilnehmern schlug der Assad-Vertraute der saudischen Führung vor, ihre Unterstützung für die islamistische „Eroberungsarmee“ der Rebellen einzustellen. Im Gegenzug würde sich Damaskus verpflichten, einen Friedensprozess einzuleiten sowie Parlaments- und Präsidentschaftswahlen unter UN-Aufsicht zu organisieren. Anschließend könnte die neu gewählte syrische Führung dann gemeinsam mit Riad gegen den „Islamischen Staat“ kämpfen, lockte Mamlouk die Ölprinzen und ihren König Salman. Die Saudis zögern noch, spielen auf Zeit, scheinen aber angesichts der überwältigenden IS-Gefahr nicht mehr völlig abgeneigt. Und so konterten sie zunächst einmal mit der Forderung, auch der Iran müsse seine Militärberater, die schiitischen Milizen und Elitekämpfer der Hisbollah aus Syrien abziehen.

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