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Stadt in Trümmern. Berichten zufolge soll das syrische Regime jetzt auch bunkerbrechende Waffen einsetzen.

© Abdalrhman Ismail/Reuters

Update

Krieg in Syrien: Schlacht um Aleppo: Mit aller Waffengewalt

Machthaber Assad will um jeden Preis Aleppo unter Kontrolle bekommen. Dort ist jetzt auch noch die Wasserversorgung zusammengebrochen.

Staffan de Mistura hat in seinem langen Diplomatenleben schon einiges mitgemacht. Ganze 46 Jahre ist er nun für die Vereinten Nationen (UN) im Einsatz. Fast 20 Kriege hat der Mann mit dem Zwickel erlebt, einschließlich jener in Afghanistan und auf dem Balkan. Doch das, was in Syrien passiert, ist für den UN-Vermittler eine neue, vor allem zutiefst traurige Erfahrung. „Ich habe niemals so viele Parteien mit so vielen unterschiedlichen Zielen gesehen“, sagte der 69-Jährige jüngst dem arabischen Sender Al Dschasira. Und frustriert fügte de Mistura mit Blick auf Aleppo hinzu: Die dortigen Bombardements bedeuteten „eine Rückkehr zum offenen Konflikt“. Aus seiner Sicht sei dies die schlimmste humanitäre Tragödie seit dem Zweiten Weltkrieg. Da wird ihm keiner widersprechen. Die nordsyrische Stadt erleidet derzeit Unfassbares. Es scheint, als wolle das Regime in Damaskus mit tatkräftiger russischer wie iranischer Unterstützung Aleppo auslöschen.

Bunkerbrechende Bomben

Nach übereinstimmenden Berichten sollen in den vergangenen Tagen fast 200 Menschen durch Luftangriffe getötet worden sein. Am Sonntag seien wieder mindestens 23 Menschen in Aleppo getötet worden, darunter wenigstens zwei Kinder, meldete die Nachrichtenagentur dpa. Dabei kommen offenbar auch Waffen zum Einsatz, die weltweit geächtet sind. Phosphorbomben, Streubomben und bunkerbrechende Geschosse, die sogar ein wenig Schutz versprechende Keller zerstören. Zahlreiche Gebäude wurden vollständig dem Erdboden gleichgemacht. Bilder von Einschlägen zeigen mehrere Meter tiefe Krater. Die wenigen überhaupt noch arbeitsfähigen Kliniken sind mit der immensen Zahl der Verletzten völlig überfordert. Medikamente fehlen ebenso wie Personal. „Die meisten Opfer liegen noch unter Trümmern begraben, weil mehr als die Hälfte des Zivilschutzes außer Gefecht gesetzt wurde“, sagte ein Sprecher der Aufständischen.

Zerstörte Leitung. Hunderttausende müssen in Aleppo ohne Wasser auskommen.
Zerstörte Leitung. Hunderttausende müssen in Aleppo ohne Wasser auskommen.

© Abdalrhman Ismail/Reuters

Betroffen von den Attacken sind in erster Linie im Osten gelegene Stadtbezirke, die von islamistischen und nichtislamistischen Rebelleneinheiten kontrolliert werden. 250.000 bis 300.000 Frauen, Kinder und Männer leben dort unter katastrophalen Bedingungen. Denn sie sind seit Langem eingekesselt und somit von Hilfslieferungen abgeschnitten. Nun ist infolge der Kämpfe nach Angaben von Unicef auch die Wasserversorgung im ganzen Stadtgebiet zusammengebrochen.

Weltsicherheitsrat tagt

Erklärtes Ziel Machthaber Baschar al Assads ist es, Aleppo wieder vollständig einzunehmen. Es wäre aus seiner Sicht ein prestigereicher Erfolg und vermutlich eine militärische Wende im Konflikt. Der Verlust ihrer Hochburg bedeutete für die Rebellen wohl eine entscheidende Niederlage. Der „Krieg gegen den Terrorismus“ laufe nach Plan, erklärte die syrische Armee. Ihren Angaben zufolge soll auf das Bombardement eine Bodenoffensive folgen. Wann diese beginnt, ist unklar. Am Sonntag wurden die Luftangriffe zeitweise eingestellt. Womöglich eine Reaktion auf die Proteste der UN und des Westens. Der Weltsicherheitsrat wollte wegen der Gewalt zu einer Dringlichkeitssitzung zusammenkommen.

In einer Stellungnahme der Außenminister der USA, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens und der EU wird vor allem Moskau als wichtigste Stütze des Assad-Regimes scharf gerügt: „Die Geduld mit Russlands andauernder Unfähigkeit oder Unwilligkeit, sich an seine Verpflichtungen zu halten, ist nicht unbegrenzt.“ UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sparte ebenfalls nicht mit eindeutigen Worten. Die internationale Gemeinschaft dürfe den Einsatz immer tödlicherer und mächtigerer Waffen gegen Zivilisten und die zivile Infrastruktur keinesfalls tolerieren. (mit dpa)

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