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Politik: Krieg statt Kultur

Berlusconi setzte Steuermittel falsch ein

Rom - Italien hat eine besondere Form der Kirchensteuer: Wer die acht Prozent von seiner Lohn- und Einkommensteuer keiner religiösen Gemeinschaft zukommen lassen will, der kann sie auch dem Staat überlassen. Dieser darf die Pflichtabgabe aber nur für bestimmte Zwecke verwenden: für die Restaurierung von Kulturgütern, humanitäre Hilfe bei Naturkatastrophen, die Unterstützung von Flüchtlingen oder gegen den Hunger in der Welt.

Die Regierung des abgewählten Premiers Silvio Berlusconi dagegen ist mit diesen Regeln „kreativ“ umgegangen. Mindestens seit 2004 ist der größte Teil der Kulturabgabe zur Finanzierung von Militäreinsätzen im Ausland verwendet worden, 80 Millionen Euro sind allein in den Irak geflossen. Diese Anschuldigungen hat jetzt der ausgehungerte Kultur- und Denkmal-Fonds FAI vorgebracht, und Giuseppe Vegas, Vizewirtschaftsminister unter Berlusconi, hat sie der Sache und den Summen nach bestätigt.

Von den 89 Millionen Euro, die dem Staat 2005 aus der Kulturabgabe zugeflossen sind, habe die Regierung Romano Prodis bei ihrem Amtsantritt im Mai nur noch 4,7 Millionen Euro vorgefunden, sagt Staatssekretär Enrico Letta. Man habe sie „als symbolische Geste“ in ein Projekt zur Bekämpfung des Hungers in der Welt gesteckt. Für die Kulturgüter Italiens sei nichts mehr übrig geblieben, obwohl 1600 Förderanträge im Umfang von 630 Millionen Euro vorgelegen hätten. Letta spricht auch davon, dass Berlusconis Regierung seit drei Jahren die Kulturfonds auf diese Weise beschnitten habe.

Berlusconis Ex-Kulturminister Rocco Buttiglione bestätigt, dass ein Teil des Geldes für Italiens damals etwa 3000 Mann starke Iraktruppe verwendet wurde“. Er habe davon gewusst, gibt Buttiglione zu: „Aber es ist falsch zu behaupten, diese Gelder hätten den Kulturgütern gehört. Ich hoffte vielleicht darauf, sie zu erhalten, aber sie sind nie angekommen.“ Politiker der amtierenden Regierung sprechen nun von einem „regelrechten Betrug an den Steuerzahlern“ und verlangen die Einschaltung des Obersten Rechnungshofs. Die Zeitung „La Repubblica“ sieht einen „Diebstahl durch die Regierung“, der selbst dann in keiner Weise legitim sei, wenn man – wie Berlusconi seinerzeit – den Einsatz im Irak als humanitäre Maßnahme qualifiziere.

Weitere Kommentare gibt es zu dem Thema nicht. Die öffentliche Aufregung hält sich in auffallend engen Grenzen. Möglicherweise hat sich das Land an Enthüllungen zur kreativen Haushaltspolitik gewöhnt: Berlusconi war fünf Jahre lang im Amt – und die neue Regierung überzeugt in der chaotischen Debatte um den Haushalt 2007 auch noch nicht recht bei der Verwaltung und der Umschichtung der Finanzen.

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