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Kriminalstatistik: Mindestens 3300 rechtsextreme Straftaten von Januar bis März

Die Polizei zieht eine erste Bilanz: Rechtsextremisten haben in den ersten drei Monaten dieses Jahres pro Tag mehr als 35 Straftaten verübt.

Von Frank Jansen

Die Polizei registrierte bundesweit von Januar bis Ende März 3293 rechte Delikte, wie aus Statistiken des Bundesinnenministeriums hervorgeht. Die Papiere erhielt Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau und ihre Linksfraktion auf die regelmäßig gestellten monatlichen Anfragen zu rechter Kriminalität. Die Antworten liegen dem Tagesspiegel vor.

Wahrscheinlich wird die Zahl der Straftaten noch deutlich steigen, da die Landeskriminalämter erfahrungsgemäß dem Bundeskriminalamt viele Nachmeldungen schicken. Deshalb ist ein Vergleich der vorläufigen Zahlen mit den Werten des Vorjahres schwierig. Damals hatte die Polizei im ersten Quartal 3364 rechte Delikte gemeldet. Auch diese Zahl erhöhte sich im Laufe des Jahres, als die Landeskriminalämter nach und nach über weitere rechte Straftaten aus den ersten drei Monaten berichteten.

Auffällig ist allerdings, dass bei der Teilmenge der rechten Gewalttaten die Bilanz der ersten drei Monate 2009 nicht ganz so schlimm aussieht, wie es bei den vorläufigen Zahlen 2008 der Fall war. Laut Bundesinnenministerium hat die Polizei im ersten Quartal dieses Jahres 110 rechte Gewaltdelikte und 123 verletzte Opfer festgestellt - im selben Zeitraum des Vorjahres waren es bereits 191 einschlägige Straftaten, bei denen 211 Menschen körperlich geschädigt wurden.

315 antisemitisch motivierte Delikte

Von den rechten Delikten insgesamt waren in den ersten drei Monaten 315 Delikte antisemitisch motiviert, darunter zwei Gewalttaten. Ein Mensch wurde verletzt. Im ersten Quartal 2008 hatte die Polizei 264 antisemitische Delikte gemeldet, in acht Fällen handelte es sich um Gewalttaten mit zehn verletzten Opfern.

Von Januar bis März ermittelte die Polizei bei der gesamten rechten Kriminalität 1472 Tatverdächtige (erstes Quartal 2008: 1632). Vorläufig festgenommen wurden 77 (33) Personen, gegen vier erließen Richter Haftbefehle (2008: 2).

In einer weiteren Antwort an die Linksfraktion berichtet das Ministerium von 19 Aufmärschen und Kundgebungen, die Neonazis und andere Rechtsextremisten in den ersten drei Monaten veranstaltet haben. Die bei weitem größten Demonstrationen waren die "Trauermärsche" der rechten Szene am 13. und 14. Februar in Dresden mit 1300 und 6500 Rechtsextremisten. Vergleichszahlen zu Aufmärschen 2008 liegen nicht vor.

Mehr rechtsextreme Skinhead-Konzerte

Die Linksfraktion hatte auch nach braunen Musikveranstaltungen gefragt. Laut Ministerium fanden von Januar bis März rund 40 rechtsextreme Skinhead-Konzerte (erstes Quartal 2008: 35) mit insgesamt 4800 (4200) Teilnehmern statt. Außerdem veranstaltete die Szene zehn (sieben) Liederabende, bei denen sich 510 (360) Rechtsextreme einfanden. Die Polizei löste fünf Konzerte auf, sieben wurden verboten oder, wie das Ministerium schreibt, "durch präventive Maßnahmen der Sicherheitsbehörden verhindert".

Unterdessen hat die Bundesregierung Pau mitgeteilt, dass noch im ersten Halbjahr ein Expertengremium beauftragt werden soll, einen regelmäßigen Bericht zum Antisemitismus zu erstellen. Der Bundestag hatte im November, kurz vor dem 70. Jahrestag der Reichspogromnacht, die Regierung aufgefordert, ein solches Gremium zu installieren. Wer darin sitzen soll, ist noch nicht bekannt.

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