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Droht mit Klage gegen "Grexit": Yanis Varoufakis, Finanzminister Griechenlands.

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Krise in Griechenland: Was Yanis Varoufakis mit seiner Klage gegen einen "Grexit" meinen könnte

Athens Finanzminister Yanis Varoufakis hat eine Klage gegen einen möglichen Grexit angekündigt. Allerdings ist ein Austritt aus der Eurozone rechtlich gar nicht vorgesehen. Deshalb kann eigentlich auch nicht dagegen geklagt werden. Ein Hintergrund.

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Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis hat im Interview mit der britischen Zeitung "Daily Telegraph" angekündigt, notfalls juristisch gegen einen Ausschluss Griechenlands aus der Eurozone vorzugehen. "Die griechische Regierung wird von all unseren Rechten Gebrauch machen", zitiert die Zeitung Varoufakis. Man würde, sollte es dazu kommen, "sicherlich eine gerichtliche Verfügung des Europäischen Gerichtshofs erwägen". Die Regierung lasse sich deshalb gerade juristisch beraten. Varoufakis begründet dieses Vorgehen mit den rechtlichen Grundlagen der Europäischen Union: "Die EU-Verträge machen keine Vorgaben für einen Euro-Austritt, und wir lehnen es ab, ihn hinzunehmen".

Der Finanzminister reagiert damit auch auf den Versuch der griechischen Opposition und von EU-Politikern, das Referendum in Griechenland als eine Wahl zwischen Für und Gegen die Mitgliedschaft in der Eurozone auszulegen. Seine Regierung wolle auch bei einem Sieg der "Nein"-Stimmen weiter mit den internationalen Geldgebern verhandeln - und nicht etwa aus der Eurozone ausscheiden. "Unsere Mitgliedschaft ist nicht verhandelbar", sagte Varoufakis. Allerdings gehört zu den von europäischen Politikern erwogenen möglichen Szenarien auch eine Zahlungsunfähigkeit Griechenlands innerhalb der Euro-Zone - möglicherweise mit einer Parallelwährung. Dazu äußerte sich Varoufakis nicht.

Bei einem Zahlungsausfall würde die EZB griechische Banken nicht länger mit Euros versorgen

In der Tat sind Äußerungen von Gläubigerseite, wonach das Referendum über einen Verbleib in der Eurozone entscheide, verwirrend, eben weil ein Austritt gar nicht rechtlich vorgesehen ist. Das einzige, was gemeint sein kann, ist, dass die EZB bei einem Zahlungsausfall Griechenlands die Versorgung pleite gegangener Banken in diesem Land nicht mehr länger mit Euros versorgen darf. Deshalb würde dem Land nach und nach der Euro ausgehen.

Ein Euro-Austritt würde also nicht rechtlich vonstatten gehen, sondern faktisch. Dies kann wahrscheinlich nur verhindert werden, wenn die Griechen bei dem Referendumg mit Ja stimmen und es danach zu einer schnellen Einigung mit den Gläubigern kommt, bevor der Zahlungsausfall eintritt. Es müsste deshalb schnell gehen, weil am 20. Juli eine Rate von über drei Milliarden Euro an die EZB fällig wird.

Bei der Gründung der europäischen Währungsunion wollte oder konnte sich niemand vorstellen, dass ein Mitglied eines Tages wieder austreten würde. In den Verträgen ist diese Möglichkeit nicht vorgesehen. Geregelt ist lediglich der Austritt aus der EU insgesamt: "Jeder Mitgliedstaat kann im Einklang mit seinen verfassungsrechtlichen Vorschriften beschließen, aus der Union auszutreten", heißt es in Artikel 50, Absatz 1 des EU-Vertrags.

Dieser Weg wurde im Falle Griechenlands schon vor drei Jahren diskutiert, um ein Ausscheiden aus der Eurozone zu ermöglichen: Wer aus der EU austritt, könne auch nicht mehr Euro-Mitglied sein, lautet die Argumentation.

Doch was, wenn Griechenland aus der Eurozone austreten, aber EU-Mitglied bleiben will? Dann müsste Athen dies nach Artikel 49 des EU-Vertrags neu beantragen. Dem müssten die verbleibenden Mitglieder einstimmig sowie die Mehrheit der Abgeordneten des Europaparlaments zustimmen. Zudem müsste ein Abkommen zum Wiedereintritt ausgehandelt und "durch alle Vertragsstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften" ratifiziert werden - in der Regel also durch die nationalen Parlamente. (mit AFP)

Einen aktuellen Live-Ticker zu den Vorgängen rund um Griechenland lesen Sie hier.

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