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Krisenmanagement: Scharfe Kritik an Seehofer und Landesbehörden

Nach der weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe in Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Kritik an Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) und den Behörden an der Ostsee verschärft.

Berlin - Nach der weiteren Ausbreitung der Vogelgrippe in Mecklenburg-Vorpommern hat sich die Kritik an Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) und den Behörden an der Ostsee verschärft. Die Bundesregierung begrüßte am Montag die Ausrufung des Katastrophenalarms im Krisengebiet und betonte indirekt, dass die Entscheidung auch auf Druck aus Berlin zu Stande gekommen sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe einen Anteil daran gehabt, dass Landrätin Kerstin Kassner (Linkspartei) den Katastrophenalarm ausgelöst habe, sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin.

Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus (SPD) räumte ein, dass das Land die Lage nach dem Auftreten der Vogelgrippe in drei Landkreisen "insgesamt noch nicht im Griff" habe. "Aber wir werden in den nächsten Tagen zeigen, dass wir sie in den Griff bekommen." Die Ausrufung des Katastrophenalarms auch in Nord- und Ostvorpommern zeige, dass man dabei sei, das Problem zu lösen. Auf Rügen waren am vergangenen Dienstag die ersten Vogelgrippe-Fälle Deutschlands registriert worden.

Die FDP-Bundestagsfraktion warf Backhaus und Kassner Versagen vor. Grünen-Chef Reinhard Bütikofer sprach von schweren Fehlern beim dortigen Krisenmanagement. Die Landrätin ging in die Offensive und warf Bund und Land vor, nicht genügend Hilfe zur Bekämpfung der Vogelgrippe bereitgestellt zu haben. Deshalb habe sie am Sonntagabend Katastrophenalarm für den Landkreis ausgelöst, sagte Kassner der dpa. Das bringe den nötigen Druck, damit die angeforderte Hilfe schneller geleistet werde. Linkspartei-Bundesgeschäftsführer Dietmar Bartsch sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Dienstag): "Es war sicher ein Fehler, den Katastrophenalarm vorsorglich nicht schon eher auszulösen."

Die Vorsitzende des Agrarausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn (Grüne), bekräftigte ihre Kritik. Am Anfang sei geschlampt worden, sagte sie im Hessischen Rundfunk. Seehofer habe vieles in der Koordination mit den Ländern versäumt, wie zum Beispiel Katastrophenschutzübungen. In einer solchen Krise müsse der Bund den Ton angeben, forderte sie im RBB-Inforadio. Wilhelm betonte allerdings, die Föderalismusreform zur Neuordnung der Zuständigkeit von Bund und Ländern solle wie in der vergangenen Woche vereinbart auf den Weg gebracht werden. SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber forderte im Südwestrundfunk, die Reform erneut zu überdenken.

FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann kritisierte, Seehofer habe mit seinem Besuch am Samstag auf Rügen das Risiko der Verbreitung des Vogelgrippevirus "drastisch erhöht". Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Jörg van Essen, sprach von Chaos bei der Bekämpfung der Tierseuche. Seehofer müsse in einer Sondersitzung des Agrarausschusses für Aufklärung sorgen.

Bütikofer sprach sich für eine vorsorgliche Tötung von Geflügel im Krisengebiet aus. "Nachdem nicht entschieden genug gehandelt worden ist, ist es aus unserer Sicht durchaus richtig, jetzt in einem größeren Umkreis um den Punkt, an dem die getöteten Schwäne gefunden worden sind, auch Geflügel zu keulen." Zootiere, Zuchttiere und Tiere bei Kleinhaltern sollten geimpft werden. Die Unions-Fraktion warnte, eine Impfung sei derzeit unverantwortlich. SPD-Fraktionsvize Kelber wandte sich ebenfalls gegen eine europaweite Impfung von Geflügel, weil die Seuche von den Tieren weitergegeben werden könne. (tso/dpa)

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