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Kristina Schröder: Familienministerin in anderen Umständen

Familienministerin Kristina Schröder erwartet als erste Ministerin in Deutschland während ihrer Amtszeit ein Kind. Welche Folgen hat das?

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Schwangere Politikerinnen sind in Deutschland keine Seltenheit mehr. Schwangere Ministerinnen dagegen schon. Mehr noch. Kristina Schröder, Familienministerin, ist die erste deutsche Ministerin überhaupt, die während ihrer Amtszeit ein Kind erwartet. Panik brach deshalb in der schwarz-gelben Koalition nicht aus. Vor der Kabinettssitzung wurde sie zwar geherzt und beglückwünscht, zum Thema der Sitzung wurde der Nachwuchs im Hause Schröder jedoch nicht. Und auch Regierungssprecher Steffen Seibert versuchte sich in Normalität und verwies auf andere europäische Länder, in denen Ministerinnen während der Amtszeit Kinder bekommen haben. Das Regieren sei dort nicht eingestellt worden. „Wir sind ganz sicher, dass das auch in Deutschland möglich sein wird. Wir freuen uns mit dem Paar und werden es auf diesem Wege unterstützen“, sagte Seibert.

Wie geht die Ministerin damit um?

Lange Zeit hat sie zum Thema Kinderkriegen nicht viel sagen wollen. Dabei waren die Fragen vor allem aus dem Lager der konservativen Parteifreunde recht bohrend, wann die Familienministerin ihrem Amt denn nun alle Ehre mache und ein Kind bekomme. Nicht nur die vielen Fragen haben nun ein Ende, sie tritt auch aus dem Schatten ihrer Vorgängerin Ursula von der Leyen (CDU). Die amtierende Arbeitsministerin gilt als Super-Mutti des Kabinetts mit sieben Kindern. Allerdings hat sie keines davon während ihrer Ministerzeit bekommen. Die sonst so onlineaffine Schröder hat nicht Facebook oder Twitter genutzt, um das Geheimnis zu lüften, sondern der „Bild“-Zeitung gesagt, dass sie im Juli ihr erstes Kind erwarte. „Wir sind sehr glücklich und dankbar und hoffen, dass alles gut geht“, sagte Schröder. „Wir werden dann vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland, bei denen beide beruflich sehr gefordert sind“, sagte die 33-Jährige. Sie und ihr Mann Ole, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium, bauen auf die familiäre Unterstützung.

Lässt Schröder ihr Amt nach der Schwangerschaft ruhen?

Genau weiß das noch keiner. Auch das Familienministerium selbst hält sich zurück und verweist darauf, dass das die persönliche Entscheidung der Familie Schröder sei. Klar ist, dass die Familienministerin die gesetzliche Mutterschutzzeit von 14 Wochen zu Hause bleiben wird. „Aus gesundheitlichen Gründen ist das für Mutter und Kind erforderlich“, sagte eine Sprecherin. Der gesetzliche Mutterschutz beginnt sechs Wochen vor der Geburt. In dieser Zeit ist die Schwangere von der Arbeit freizustellen, darf aber auf eigenen Wunsch weiterarbeiten. Nach der Geburt gilt normalerweise für acht Wochen ein absolutes Beschäftigungsverbot. Allerdings verwies das Ministerium darauf, dass Schröder in dieser Zeit ihr Amt nicht ruhen lassen werde, sondern sie werde ihre Amtsgeschäfte von zu Hause fortführen und notwendige Entscheidungen persönlich treffen. Im Alltagsgeschäft wird sie von ihren Staatssekretären vertreten. Die Vertretung im Ministerrang hat Forschungsministerin Annette Schavan (CDU).

Parteipolitisch sind sie zwar Konkurrentinnen, vor einiger Zeit ist Kristina Schröder aber scheinbar in weiser Voraussicht der SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles beigesprungen. Die Sozialdemokratin brachte vor wenigen Tagen ihre Tochter zur Welt. Während der Schwangerschaft äußerte sie aber die Sorge um ihre Karriere, sollte sie zu lange aussteigen. In einem Interview verwies sie darauf, dass innerparteiliche Konkurrenten ihr in dieser Zeit das Amt streitig machen könnten. Schröder forderte daraufhin für Nahles den Respekt ihrer Parteigenossen ein und mahnte, es müsse sowohl für Frauen als auch für Männer selbstverständlich sein, neben dem Beruf auch familiäre Verantwortung zu tragen. Schröder selbst vergleicht ihre Situation nun zwar mit der vieler anderer Paare in Deutschland. Aber in verschiedener Hinsicht ist sie in einer etwas privilegierteren Position. Finanziell dürfte sie abgesichert sein, und sie arbeitet in einem zertifizierten Haus. Denn alle Ministerien wurden 2008 auf ihre Familientauglichkeit hin überprüft und für gut befunden. Kriterien waren flexible Arbeitszeiten oder Kinderbetreuungsmöglichkeiten.

Wie wurde die Nachricht aufgenommen?

Eine der ersten Gratulanten war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die ihr vor der Kabinettssitzung „von Herzen Glück“ wünschte und ihr die volle Unterstützung zusicherte. Auch Ursula von der Leyen beeilte sich zu gratulieren. Eines versuchten alle Gratulanten herauszustreichen: die Signalwirkung der Schwangerschaft. Selbst die Senioren-Union war beglückt. Die Familienministerin ermutige viele junge berufstätige Paare, sich trotz Doppelbelastung für ein Kind zu entscheiden. Und „Kristina Schröder und ihr Mann Ole leisten einen ganz persönlichen Beitrag zum Generationenvertrag – Kinder sind das beste Rentenprogramm“, verlautbarte die Senioren-Union. Auch der Verband berufstätiger Mütter (VBM) ist erfreut. „Wir hoffen, dass die Schwangerschaft von Frau Schröder positive Signalwirkung hat“, sagte VBM-Sprecherin Eike Ostendorf-Servissoglou. Oft werde die Verbindung von Kind und Karriere immer noch als Wagnis gesehen. Schröder sei somit ein „gutes Beispiel dafür, dass man Kind und Karriere durchaus miteinander verbinden kann – dafür sind wir dankbar“. Ostendorf-Servissoglou geht nicht davon aus, dass Kristina Schröder ihren Job aufgeben wird: „Natürlich wird bei Frau Schröder mehr Geld da sein, um sich externe Unterstützung zu holen.“

Wie sind andere Politikerinnen und Politiker damit umgegangen, Kinder neben dem Beruf großzuziehen?

Der Bundestag ist durchaus kinderreich. Von den 622 Bundestagsabgeordneten haben 400 ein oder mehrere Kinder. Ursula von der Leyen führt hier wie auch im Kabinett die Rangliste mit sieben Kindern an. Im Bundestag gefolgt von CSU-Politiker Johannes Singhammer mit sechs Kindern. 98 Abgeordnete haben ein einziges Kind. Zur großen Krabbelgruppe wird das Plenum deshalb trotzdem nicht. Nur in Ausnahmefällen nehmen Abgeordnete ihre Kinder mit. So beispielsweise der SPD-Abgeordnete Anton Schaaf, der vier Kinder hat und schon öfter den Kinderwagen durch die Flure des Reichstagsgebäudes geschoben hat. Im Kabinett dominieren vor allem die Väter. Insgesamt 28 Kinder haben die 16 Kabinettsmitglieder. Von den sechs Ministerinnen ist nur Ursula von der Leyen Mutter. Spitzenreiter unter den Ministervätern sind Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mit je vier Kindern. Gefolgt von Innenminister Thomas de Maizière, Umweltminister Norbert Röttgen (beide CDU) und Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) mit je dreien. Und Letzterer interpretiert seine Vaterrolle besonders modern – er war bereits in Elternzeit.

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