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Kriterium: Lebensfähigkeit: Bundestagsabgeordnete legen Kompromissvorschlag zum PID-Gesetz vor

In der Debatte um ein Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik (PID) wird an diesem Freitag ein Kompromissvorschlag vorgestellt.

Berlin - In der Debatte um ein Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik (PID) wird an diesem Freitag ein Kompromissvorschlag vorgestellt. Bei der PID geht es um die Frage, ob im Labor befruchtete Eizellen auf Krankheit und Behinderung getestet werden dürfen. Die Antwort der Bundestagsabgeordneten René Röspel (SPD), Priska Hinz (Grüne) und Patrick Meinhardt (FDP): ja, aber in sehr engen Grenzen. Für die Politiker ist entscheidend, ob ein Embryo lebensfähig ist. Frauen sollen nicht wieder und wieder Fehl- oder Totgeburten erleiden müssen, bis sie ein Kind zur Welt bringen. Die Gefahr aber, dass ein Kind im Laufe seines Lebens schwer erkranken wird, beispielsweise an Multipler Sklerose, müssten potenzielle Eltern akzeptieren. „Wir wollen keine Diskussion um lebenswertes und lebensunwertes Leben“, sagte Röspel.

Im vergangenen Sommer urteilte der Bundesgerichtshof überraschend, dass die PID nicht grundsätzlich verboten ist. Seitdem ist klar: Ein neues Gesetz soll her. Der Vorschlag von Röspel und seinen Mitstreitern ist der zweite von dreien. Ein weitergehender Entwurf, der die PID für mehr Eltern erlauben würde, liegt bereits vor. In jedem Einzelfall soll eine Ethikkommission entscheiden, wenn es nach der Abgeordnetengruppe um Ulrike Flach (FDP), Carola Reimann (SPD) und Peter Hintze (CDU) geht. Auch auf Krankheiten, die erst spät im Leben auftreten, könnte dann getestet werden. Der dritte Vorschlag, ein vollständiges Verbot der PID, wird voraussichtlich in der zweiten Februarwoche vorgestellt.

Am Mittwochabend hatte die Evangelische Kirche zu einem Diskussionsabend in Berlin eingeladen. Das Thema PID diskutierte Befürworter Hintze mit Jeanne Nicklas-Faust, der Geschäftsführerin der Behindertenhilfsorganisation „Lebenshilfe“. Außerdem waren die Theologen Wilfried Härle und Reiner Anselm zu Gast.

Debattiert wurden die Fragen: Ab wann ist der Mensch ein Mensch und genießt die künstlich befruchtete Eizelle den gleichen Schutz wie der Embryo im Mutterleib? Mit der Verschmelzung von Eizelle und Samen beginne etwas qualitativ Neues und damit ein neuer Mensch, sagte Nicklas-Faust. Sie lehnt die PID ab: Diese degradiere die befruchtete Eizelle zum Objekt und verstoße deshalb gegen die Menschenwürde. Die befruchtete Eizelle werde erst durch die Schwangerschaft zum Menschen, sie sei noch kein Individuum, hielt PID-Befürworter Hintze dagegen.

Die andere Frage im Zentrum der Debatte: Darf die PID verboten werden, wenn Verhütungsmittel wie die Spirale und die Pille danach zulässig sind, wenn Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten straffrei und auch Spätabtreibungen möglich sind? Eine Frau müsse einem schweren Schwangerschaftskonflikt vorbeugen dürfen, argumentierte Hintze. PID-Gegner halten aber nur den Weg eines Schwangerschaftsabbruches für ethisch vertretbar. Nur der Konflikt Leben gegen Leben, also Embryo gegen Mutter, erlaube es, ein menschliches Wesen zu töten, sagte Härle.

Die Katholische Kirche lehnt die PID klar ab, die Protestanten sind sich uneins. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, sagte am Mittwochabend: „Wir können an den konkreten Menschen und ihren Lebenssituationen nicht vorbei.“ Er selbst sei allerdings noch dabei, sich eine Meinung zu bilden. An diesem Freitag diskutiert der Rat der EKD.

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