zum Hauptinhalt

Kritik am Parteichef: Brie schimpft über Lafontaine

Kurz vor der Wahl hat der scheidende Europaabgeordnete der Linkspartei André Brie seinem Ruf als schärfster Kritiker von Oskar Lafontaine alle Ehre gemacht.

Von Matthias Meisner

In einem Essay für den „Spiegel“ warf Brie dem Parteivorsitzenden unter Hinweis auf autoritären Stil und Machtspielchen vor, die Linkspartei könnte unter seiner Führung am Ende in der „politischen Wirkungslosigkeit“ landen. „Wo ist der Reformer und Realist Lafontaine geblieben?“, fragt Brie. Er spricht von einer „unheilvollen Renaissance des Freund- Feind-Denkens“ in der Linkspartei. Andersdenkende würden ausgegrenzt, kritische Leute eingeschüchtert. „Lafontaine braucht kein Programm. Er hat keines, er ist eines.“ Dies sei mittelfristig nicht genug: „Ob die Linke sein Mandat überdauern wird, ist völlig offen.“

Brie war nicht erneut für die Europawahl aufgestellt worden. Seine Mitstreiterin Sylvia-Yvonne Kaufmann, der es ebenso ging, ist inzwischen der SPD beigetreten. Sie wurde vom SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering kürzlich als Kronzeugin dafür präsentiert, dass Lafontaine die Linke in die politische Sackgasse führe. Anders als Kaufmann und einige semi-prominente Politiker aus dem Lager der Reformer, die kürzlich die Linke verlassen hatten, hat Brie versichert, er wolle weiterhin in der Linkspartei für Veränderungen streiten. Für den brandenburgischen Bundestagswahlkreis 66 hat sich Brie inzwischen als Direktkandidat nominieren lassen. Er kämpft dort mit Außenseiterchancen um ein Mandat – bisher hat die Linke außerhalb von Berlin noch nie einen Bundestagswahlkreis direkt gewonnen.

Zu Jahresanfang hatte sich Brie noch deutlich freundlicher über Lafontaine geäußert und ihm bescheinigt, er habe eine Ausstrahlung, an die keiner in der Partei herankomme. Allerdings fehle der Linken für die Zeit nach Lafontaine „noch Substanz, personell und politisch“. Die Angriffe Bries jetzt treffen die Linke zu einem schwierigen Zeitpunkt. Umfragen zufolge kann sie sich an diesem Sonntag bei der Europawahl zwar gegenüber dem PDS-Ergebnis von 2004 – 6,1 Prozent – verbessern. Ihr selbst gestecktes Ziel von zehn plus X Prozent wird sie aber voraussichtlich verfehlen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false