zum Hauptinhalt

Politik: Kritik an Gerhardt: Sägen am drögen Chef - Die FDP-Landtagswahlsieger sollen jetzt eingebunden werden

Wer im politischen Kampf nicht besiegt werden kann, wird umgarnt und eingebunden. Bis er erstickt.

Wer im politischen Kampf nicht besiegt werden kann, wird umgarnt und eingebunden. Bis er erstickt. Obwohl die FDP auf ihrem Parteitag die Zukunft entdeckt hat, erinnert sich Parteichef Wolfgang Gerhardt doch gern an diese klassischen Strategie.

Seinen Widersacher Jürgen Möllemann hat er daher nun in eine Arbeitsgruppe der Partei gesteckt. Gemeinsam mit FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle und den Landesvorsitzenden der Partei Rainer Brüderle (Rheinland Pfalz), Walter Döring (Baden-Württemberg), Cornelia Pieper (Sachsen Anhalt) und Kurt Hansen (Hamburg) soll Möllemann Vorschläge für die Wahlkämpfe in den Bundesländern erarbeiten. In regelmäßigen Abständen soll die Runde ihre Ideen dem FDP-Präsidium vorlegen, das dann darüber befindet und abstimmt.

An diesem Punkt kommt also Gerhardt ins Spiel um die strategische Neuausrichtung der Liberalen. Seit den Wahlsiegen von Möllemann in Nordrhein-Westfalen und Wolfgang Kubicki in Schleswig-Holstein wird Gerhardt wieder von den beiden angegriffen. Er ist ihnen zu farblos und inhaltsschwach, woran auch das von Gerhardt verfasste Strategiepapier "Was jetzt zu tun ist!" nichts mehr ändern kann.

"Hinsichtlich des Führungspersonals muss darüber deutlich werden, dass eine gestalterische, zukunftsorientierte und durchsetzungsfähige Person oder Personengruppe zur Verfügung steht, den Machtanspruch auch glaubwürdig zu verkörpern", schreibt Wolfgang Kubicki in seinem alternativen Strategiepapier, das dem Tagesspiegel vorliegt. "Hieran scheint es in der Vergangenheit gemangelt zu haben", stellt Kubicki fest, der mit Möllemann die strategische Neuausrichtung der Partei geplant hat.

Auf dem Nürnberger Parteitag hatte Möllemann seine Vision von einer Volkspartei mit 18 Prozent Wähleranteil verkündet und sich gleichsam als Kanzlerkandidat vorgestellt. Er und sein Gefolge ließen keinen Zweifel daran, dass Gerhardt nicht mehr lang Parteichef ist. "Wir brauchen eine geschlossene strategische Führung für einen geschlossenen Wahlkampf", sagt Gerhardt nach dem Präsidium. Über Personalfragen werde die Partei jedoch erst 2001 reden. Denn obwohl die FDP im September einen Sonderparteitag zum Thema "Wehrpflicht" einberuft, werden sich die Liberalen dann nicht mit der Führung auseinander setzen - geschweige denn mit der strategischen Neupositionierung. Sagt Gerhardt. Man werde sich bis zum nächsten Jahr gedulden müssen, erklärt ein Präsidiumsmitglied. Aber die Weichen seien gestellt.

Das weiß auch Wolfgang Gerhardt, dem nachgesagt wird, er habe ohnehin keine Lust mehr länger auf den Parteivorsitz. "Es können nicht alle zur gleichen Zeit Vorsitzender sein", sagt er. Die Arbeitsgruppe soll übrigens Guido Westerwelle leiten, der als Gerhardts Nachfolger gilt. "Die Koordinierung ist die natürliche Aufgabe des Generalsekretärs", findet Gerhardt. So stünde es der Gruppe auch völlig frei, noch andere aus der Partei hinzuziehen. Sie sollen raten, wie die FDP "ein zweistelliges Ergebnis" (Gerhardt) erreichen kann.

Für Kubicki steht eines fest: "Die gegenwärtige Führung der FDP ist zur Vermittlung eines derartiges Selbstbewusstseins der Liberalen augenscheinlich nicht in der Lage."

Ulrike Fokken

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false