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Politik: Kritik an Papst-Rede in Auschwitz

Warschau - Für das deutsch-polnische Verhältnis sei der Papstbesuch rundum positiv gewesen, schreibt Polens Presse. Eher enttäuscht haben Juden auf die Rede des deutschen Papstes im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau reagiert.

Warschau - Für das deutsch-polnische Verhältnis sei der Papstbesuch rundum positiv gewesen, schreibt Polens Presse. Eher enttäuscht haben Juden auf die Rede des deutschen Papstes im NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau reagiert. Der Papst hatte zum Abschluss seiner Polenreise am Sonntag in Auschwitz „um Vergebung und Versöhnung“ gebeten.

Benedikt XVI. habe zwar den Ermordeten gehuldigt, aber sich nicht über Gegenwart und Zukunft geäußert, bedauerte Marek Edelmann, der letzte noch lebende Anführer des Ghetto-Aufstands. Außer sich zu fragen, wo Gott in Auschwitz gewesen sei, hätte der Papst sich auch die Frage stellen können, wo der Mensch geblieben sei: „Warum waren die Menschen so gleichgültig gegenüber den sich vor ihren Augen abspielenden Verbrechen? Ist das heute anders?“

Die Worte Benedikts, dass sich die deutsche Nation als „Instrument einer Gruppe von Verbrechern“ habe missbrauchen lassen, greifen auch nach Ansicht des Auschwitz-Veteranen Israel Gutman zu kurz: „Das, was passierte, war das Resultat eines jahrhundertelang gelehrten Hasses gegen die Juden.“ Nicht nur Gott, sondern auch der Vatikan und Pius XII. hätten „die Schreie der Ermordeten nicht vernommen“, wird Gutman zitiert. „Ich bedauere, dass der Papst dazu nichts sagte.“ Zur Haltung des Vatikans gegenüber dem „Dritten Reich“ habe sich bereits Johannes Paul II. geäußert, meinte indes der Vorsitzende des Auschwitz-Komitees und Ex- Außenminister Wladyslaw Bartoszewski: „Ich sehe keinen Grund, dass jeder folgende Papst dasselbe sagen muss.“

In Bezug auf das deutsch-polnische Verhältnis feierte Polens Presse die Reise des Papstes als „Wunder der Versöhnung“. Die deutsche Sprache habe aufgehört, „die Sprache der Besatzer“ zu sein und sei nun „die Sprache des Papstes“, hieß es in der „Zycie Warszawy“, nachdem polnische Pilger für den Papst auf Deutsch gesungen hatten. Der Kontakt zu den Gläubigen sei von „Tag zu Tag“ herzlicher geworden, schreibt die bürgerliche „Rzeczpospolita“. Statt als „steifer Wächter des Glaubens“ habe sich Benedikt als „warmer und lächelnder Heiliger Vater“ erwiesen, freut sich die Boulevardzeitung „Super-Express“ – „Es war wie ein Wunder. Der Papst wurde zum Polen.“ tro

www.tagesspiegel.de/papstrede

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