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Kritik an Sarkozy: Massenstreiks in Frankreich

Aus Protest gegen die Krisenpolitik von Präsident Nicolas Sarkozy legten am Donnerstag mehrere Hunderttausend Franzosen die Arbeit nieder. Ein Notdienst verhinderte ein Chaos im öffentlichen Leben.

Dem Aufruf der acht größten Gewerkschaften zum „Kampf für Beschäftigung und Kaufkraft“ folgten vor allem Angehörige des öffentlichen Dienstes, der Verkehrsbetriebe und des Schulwesens. Dem Ausstand schlossen sich aber erstmals auch Beschäftigte von krisengeschüttelten privaten Industrieunternehmen an. Zu dem seit Tagen befürchteten Chaos im Pariser Großraum und in den Ballungszentren der Provinz kam es jedoch nicht.

Nach Angaben der Gewerkschaften beteiligte sich ein Drittel der Beschäftigten des öffentlichen Sektors an Streiks. Bei der Eisenbahn waren es 38 Prozent, bei Post und Telekom 30 Prozent und in den Schulen je nach Schultyp bis zu 50 Prozent. Stark betroffen war der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der nur Musikprogramm ausstrahlte. Zahlreiche Museen blieben geschlossen. An den Flughäfen Charles-de-Gaulle und Orly fielen bis zu 30 Prozent der Flüge aus. Während in zahlreichen Städten der Provinz bereits am Vormittag Tausende von Menschen auf die Straße gingen, kam in Paris erst am Nachmittag eine unübersehbare Menschenmenge zusammen. Dem Protestmarsch schloss sich neben der radikalen politischen Linken erstmals auch die Führung der oppositionellen Sozialisten an.

Sarkozy selbst sprach am Abend von „gerechtfertigten Beunruhigungen“. „Diese Krise bedeutet für die Regierung die Pflicht zum Zuhören und zum Dialog, aber auch eine Entschlossenheit zum Handeln“, hieß es in einer Mitteilung Sarkozys. Er wolle im Februar mit Gewerkschaftsvertretern zusammentreffen.

Dass dieser „Tag des Zorns“, wie die Zeitung „Le Monde“ titelte, kein „schwarzer Donnerstag“ wurde, der das Land lahmlegte, wurde in den Medien mit der Wirkung des neuen Gesetzes über die Einführung eines Minimaldienstes erklärt, einem der wichtigsten Wahlversprechen Sarkozys. Es verpflichtet öffentliche Arbeitgeber, an Streiktagen einen Notdienst zu organisieren. Im Pariser Nahverkehr sei nur ein Viertel der U-Bahn- und Busverbindungen ausgefallen, teilten die Verkehrsbetriebe mit. Dagegen kam der Verkehr der regionalen Schnellbahn RER weitgehend zum Erliegen.

Die Gewerkschaftsführer warnten den Präsidenten, ihren Protest auf die leichte Schulter zu nehmen. Nach Verabschiedung des Gesetzes über den Minimaldienst hatte sich Sarkozy gebrüstet: „Wenn jetzt in Frankreich ein Streik stattfindet, wird es niemand mehr merken.“ Der Chef der kommunistischen Gewerkschaft CGT, Bernard Thibault, erklärte, der Donnerstag sei erst der Anfang gewesen. Der Generalsekretär der reformistischen Arbeitnehmerorganisation CFDT, Francois Chérèque, forderte einen „zweiten Konjunkturplan“, der diesmal auf die Kaufkraft zielt. Unternehmen, die Konjunkturhilfen erhielten, sollten zudem Arbeitsplatzgarantien abgeben. Die Regierung bekräftigte, sie werde an ihrem Reformkurs festhalten. Laut Umfragen äußerten 69 Prozent der Bevölkerung Verständnis für den Streik.

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