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Politik: Kritik an Umbau der Zwangsarbeiter-Stiftung Polen und Tschechien gegen Pläne der Koalition

Berlin - Pläne der großen Koalition, die Zwangsarbeiter-Stiftung grundlegend umzustrukturieren, sind in Polen und Tschechien auf Kritik gestoßen. Die geplanten Veränderungen seien „für Polen besorgniserregend“, sagte Mariusz Muszynski, Vertreter der polnischen Regierung im Stiftungskuratorium, dem Tagesspiegel.

Berlin - Pläne der großen Koalition, die Zwangsarbeiter-Stiftung grundlegend umzustrukturieren, sind in Polen und Tschechien auf Kritik gestoßen. Die geplanten Veränderungen seien „für Polen besorgniserregend“, sagte Mariusz Muszynski, Vertreter der polnischen Regierung im Stiftungskuratorium, dem Tagesspiegel. Er warnte davor, sich einer Institution politisch zu bemächtigen, die die Erinnerungsforschung des Zweiten Weltkriegs und seiner Opfer finanziere. „Wir hoffen sehr, dass die Pläne nicht umgesetzt werden“, sagte auch Jiri Sitler vom tschechischen Außenministerium.

Die Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ hat ihre Auszahlungen an die früheren NS-Zwangsarbeiter abgeschlossen, bleibt aber bestehen: Ein Zukunftsfonds wird weiter Projekte fördern, die der Völkerverständigung oder den Interessen der Opfer des Nationalsozialismus dienen. Eine von der großen Koalition geplante Gesetzesänderung sieht nun einen Umbau der Stiftung vor. Sie müsse ihrem veränderten Aufgabenschwerpunkt angepasst werden, sagte der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz, der die Pläne maßgeblich vorantreibt. „Wir wollen keinen Kahlschlag, sondern eine Veränderung mit Augenmaß.“

Dem Gesetzentwurf zufolge soll das Kuratorium seinen bisherigen Einfluss verlieren. Am Tisch sitzen derzeit Vertreter von Bundesregierung, Bundestag, Bundesrat, der deutschen Wirtschaft und Nichtregierungsorganisationen. Außerdem haben mehrere mittel- und osteuropäische Länder sowie Israel und die USA jeweils einen Sitz. Das Kuratorium soll verkleinert werden – die NGOs, aber auch eine Oppositionspartei wären dann nicht mehr dabei. Künftig soll ein neuer Stiftungsrat, in dem nur noch Bundesregierung, Bundestag und Wirtschaft vertreten sind, alle wichtigen Entscheidungen treffen: den Haushalt beschließen, den Vorstand berufen und die Förderrichtlinien bestimmen. In diesem engen Rahmen dürfte das Kuratorium nur noch einzelne Projekte absegnen. Die anderen Länder würden damit ihre Mitsprache verlieren. „Der Vorschlag käme einer feindlichen Übernahme der Stiftung durch die deutsche Seite gleich“, warnte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck. Damit riskiere man nur außenpolitischen Ärger.

In einem Brief an den Kuratoriumsvorsitzenden Dieter Kastrup forderten am Freitag Polen, Tschechien, die Ukraine, Russland, Weißrussland und die Jewish Claims Conference, die Kompetenzen des Kuratoriums nicht zu beschneiden. Der Unmut in den betroffenen Ländern ist groß: „Der Entzug der Kompetenzen ist eine höfliche Form, einen ungewollten Partner herauszubitten“, sagte Muszynski. „Der Geist der Partnerschaft und der Versöhnung, der unserer Arbeit innewohnte, wird aus dieser Institution gänzlich verschwinden.“ Aus Prag kommt ähnliche Kritik: „Damit verliert die Stiftung ihr Profil“, sagte Sitler, der Tschechien im Kuratorium vertritt. Gerade die Internationalität unterscheide die Stiftung von anderen. Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg hätten hier Tschechen, Polen, Ukrainer und Russen gleichberechtigt mit am Tisch gesessen. „Dass man uns jetzt nicht mehr dabeihaben will, ist kein angenehmes Gefühl“, sagte Sitler.

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