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Politik: Kühl ist es in Peking nur draußen

Merkel glaubt nicht, dass Straßburger Preis für Menschenrechtler Hu Jia das Verhältnis zu China trübt

Ihren Empfang am Donnerstagnachmittag in Peking empfand Angela Merkel als ungemütlich. „Es war etwas windig“, sagte die Bundeskanzlerin, „von den meteorologischen Umständen.“ Tatsächlich hatte eisiger Herbstwind die Vertreter Deutschlands und Chinas während der Empfangszeremonie auf der Treppe der Großen Halle des Volkes frieren lassen. Doch Angela Merkel konnte froh sein, dass zu diesem Zeitpunkt die Nachricht von der Auszeichnung des inhaftierten chinesischen Menschenrechtlers Hu Jia mit dem Sacharow-Preis für Meinungsfreiheit noch nicht bekannt war. Sonst wäre womöglich auch ihr Gespräch mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao ungemütlich geworden.

„Die Auszeichnung war kein Gegenstand unseres Gesprächs“, berichtete die Kanzlerin. China hatte im Vorfeld das europäische Parlament gewarnt, den Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten auszuzeichnen. Trotzdem hofft Angela Merkel, dass der heute in Peking beginnende siebte asiatisch-europäische Asem-Gipfel nicht beeinträchtigt wird: „Ich denke, dass die Gesamtbeziehungen von einer so herausragenden Bedeutung sind, dass der Gipfel davon nicht überschattet wird.“ Mit einem getrübten Verhältnis zu China kennt Merkel sich aus, hatte doch ihr Empfang des Dalai Lama im Bundeskanzleramt vor einem Jahr in China große Empörung ausgelöst. Die hat sich inzwischen offenbar gelegt. Premier Wen Jiabao sagte: „Die bilateralen Beziehungen entwickeln sich trotz Schwankungen vorwärts.“

Beide Seiten betonten die Bedeutung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit. Die Kanzlerin sagte, die Rolle Chinas in der G-20 müsse gestärkt werden. China liefere in der Finanzkrise mit immer noch hohen Wachstumsraten einen wichtigen Beitrag als stabiler Absatzmarkt. Doch auch die Menschenrechtsfrage sprach Angela Merkel erneut an. So wolle sie sich weiter für die Freilassung Hu Jias aus humanitären Gründen einsetzen.

EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering erklärte unterdessen, mit dem Sacharow-Preis für Hu Jia ehre man einen Menschen, der „mit Nachdruck und Entschlossenheit den täglichen Kampf für Freiheit“ führe, aber auch die „unterdrückten Stimmen in China und Tibet“. Europas Volksvertreter hatten sich durch einen Drohbrief des chinesischen Botschafters nicht beeindrucken lassen. Das Parlament vergibt den Preis, der nach dem verstorbenen russischen Dissidenten Andrej Sacharow benannt ist, jedes Jahr an eine Person oder Gruppe, die gegen Unterdrückung, Intoleranz und Menschenrechtsverletzung kämpft.

Wenige Tage zuvor hatte Pöttering einen ungewöhnlichen Brief des chinesischen Botschafters aus Brüssel erhalten, der ihm mit drohendem Unterton dringend anempfahl, seinen „starken Einfluss“ auf das Europaparlament und auf seine christdemokratische EVP-Fraktion zu nutzen. Pöttering solle doch in dieser Frage die „strategischen und langfristigen Perspektiven“ der chinesisch-europäischen Beziehungen und die „breiten Interessen“ in Betracht ziehen, schrieb Botschafter Song Zhe. Eine Preisverleihung an Hu Jia werde „den Beziehungen zwischen China und der EU ernsthaften Schaden zufügen“, heißt es in dem Brief.

Schon mehrfach hat sich das Parlament in den vergangenen Jahren den Unmut der Machthaber in Peking zugezogen. Man empfing feierlich den Dalai Lama im Plenum und setzte sich mehrfach für Menschenrechtsorganisationen und Oppositionsgruppierungen in China ein. Erst im Januar diesen Jahres forderte das Europäische Parlament in einer Resolution die Freilassung des damals schon verhafteten Hu Jia.

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