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Politik: Kürzer, knapper, nüchterner: Das neue CDU-Programm

Berlin - Konrad Adenauer kommt nicht mehr vor, Ludwig Erhard ist auch gestrichen, von Helene Weber und Karl Arnold ganz zu schweigen. Im Entwurf für das neue Grundsatzprogramm der CDU, dessen erstes Kapitel die CDU-Spitze am Montag zum ersten Mal berät, ist die lange Liste der Altvorderen aus der Gründergeneration einer allgemeinen Straffung zum Opfer gefallen.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Konrad Adenauer kommt nicht mehr vor, Ludwig Erhard ist auch gestrichen, von Helene Weber und Karl Arnold ganz zu schweigen. Im Entwurf für das neue Grundsatzprogramm der CDU, dessen erstes Kapitel die CDU-Spitze am Montag zum ersten Mal berät, ist die lange Liste der Altvorderen aus der Gründergeneration einer allgemeinen Straffung zum Opfer gefallen. Der Unterschied zum letzten Grundsatzprogramm, 1994 in Hamburg beschlossen, fällt auch deshalb sofort auf, weil sich der neue Entwurf ansonsten stark an den Vorgänger anlehnt. Ganze Passagen sind wortgleich. Um so aufschlussreicher die wenigen Stellen, an denen sich die Selbstbeschreibung der Christdemokraten aus dem Jahr 2006 von der vor zehn Jahren unterscheidet.

Sie markieren vor allem neue Gewichtungen. Im Historischen zum Beispiel: Während das Programm von 1994 noch eine bittere Auseinandersetzung mit moralischem Versagen der DDR-CDU enthielt, reklamiert die CDU nun ohne weitere Umschweife die friedliche Revolution 1989 als eine ihrer Wurzeln. Dafür klingt der alte Anspruch, Staatspartei der alten Bundesrepublik zu sein, deutlich zaghafter an als zu Helmut Kohls Zeiten. Wo 1994 forsch zu lesen war, die CDU habe die Grundentscheidungen des Landes „durchgesetzt“, steht nun ein „mitgewirkt“. Auch altgediente Kampfbegriffe sind gestrichen: „liberalistisch“ ebenso wie „sozialistisch“ kommt im Wortschatz von Helmut Kohls Erben nicht mehr vor.

Erheblich kürzer, knapper, nüchterner als im alten Programm lesen sich auch die Absätze, in denen die Grundsatzkommission unter Leitung von Generalsekretär Ronald Pofalla die drei Grundwerte Freiheit, Solidarität und Gerechtigkeit näher bestimmt. Ganz neue Sätze sind selten. Dazu zählt: „Wenn die Grundwerte verwirklicht sind und im richtigen Verhältnis zueinander stehen, ist auch das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit erfüllt.“ Interessant ist der Satz deshalb, weil ein Bedürfnis nach Sicherheit an dieser Stelle im CDU-Programm bisher nicht vorkam, dafür um so häufiger die „Würde des Menschen“. Interessant auch, weil man den Satz als nachgeholte Analyse der Bundestagswahl lesen könnte, dieser Beinahe-Niederlage aus Mangel an Zutrauen.

Andere Änderungen sind noch subtiler. Beispielsweise lautete im Jahr 1994 ein Kernsatz: „Die Verwirklichung der Freiheit bedarf der sozialen Gerechtigkeit.“ Der gleiche Satz heute endet mit „... bedarf der materiellen Grundlagen“. Vieles ist heute einfach kürzer gefasst. Aber grundstürzende Neubewertungen? Fehlanzeige. „Freiheit in Verantwortung“ hieß das alte, noch gültige Grundsatzprogramm. „Neue Gerechtigkeit durch mehr Freiheit“ ist der Arbeitstitel des neuen. Der Slogan ist in der Partei nach wie vor umstritten, auch weil er mehr frei- als christdemokratisch klingt. Aber wenn das ganze Programm so wird wie der Vorschlag für das Grundsatzkapitel, dürften die Kritiker wenig zu kritisieren finden. Außer vielleicht, dass nicht so recht erkennbar wird, was der neue Slogan denn dann eigentlich bedeuten soll.

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