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Politik: Kultusminister besorgt wegen Scientology

Vorwurf: Markt für Nachhilfe unterwandert

Berlin - Der Deutsche Philologenverband und die Kultusminister haben Alarm geschlagen: Scientology unterwandere bundesweit den Markt für Schüler-Nachhilfe. Inzwischen gebe es bundesweit über 30 von der Sekte betriebene Institute, in denen versteckt Lernhilfe und gezielte Missionierung vermischt würden, warnte der Vorsitzende des Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger. Die Dunkelziffer liege vermutlich noch höher. Besonders aktiv seien die Nachhilfe-Scientologen in Hamburg, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen. Ein Problem, das inzwischen auch die Kultusministerkonferenz (KMK) beunruhigt. „Wir nehmen diese Meldungen über eine zunehmende Einflussnahme von Scientology im Nachhilfebereich sehr ernst“, sagte KMK-Präsidentin Ute Erdsiek- Rave. Die SPD-Politikerin bat Eltern oder Lehrer mit Scientology-Erfahrungen, Rückmeldungen zu geben. Erdsiek-Rave betonte gegenüber dem Tagesspiegel, über 90 Prozent der Nachhilfe-Angebote seien seriös. Sie rief zu einem besonnenen Vorgehen ohne Hysterie auf. Für Ratsuchende seien die Sektenbeauftragten der Kirchen und Länder kompetente Ansprechpartner.

Meidinger vermutet hinter den Nachhilfe-Aktivitäten eine langfristige Strategie. Zumal es eine große Nachfrage nach Lernhilfe gebe und Eltern häufig bei der Vielzahl der Angebote nicht immer Klarheit über die Seriosität hätten. Bei den Scientology-Angeboten gebe es zudem häufig keine direkten Anzeichen, dass die Sekte dahinter stehe. Meidling warnte besonders vor Versprechungen wie: „Hier lernt Ihr Kind richtig lernen und wird ein ganz neuer, selbstbewusster Mensch.“ Eindeutig sei die Sache, wenn sich ein Hinweis auf die Lernmethode nach Ron Hubbard finde – er ist der Scientology-Gründer.

Die umstrittene Organisation steht bereits seit Jahren unter Beobachtung des Bundesverfassungsschutzes. In dessen jüngstem Bericht heißt es, dass „Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung vorliegen“. Damit sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz gegeben. Was die Nachhilfe-Aktivitäten betreffe, habe Scientology allerdings noch keine nennenswerten Erfolge erzielt, sagte eine Verfassungsschutz-Sprecherin. Auch das Bundesfamilienministerium hat die Sekte kritisch im Blick. Dort gibt es ebenfalls eine spezielle Abteilung, die die Scientology-Aktivitäten beobachtet. Der Nachhilfebereich sei dabei im Blick, sagte ein Sprecher, ohne weitere Angaben machen zu wollen.

Karin Wollschläger

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