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Politik: Kunden sollen bei Versicherungen mehr Rechte erhalten

Justizministerin legt Entwurf für neues Gesetz vor / Union signalisiert Zustimmung / Branche skeptisch

Von Heike Jahberg

Berlin - Versicherungskunden sollen mehr Rechte bekommen, ihre Verträge besser verstehen können und stärker von ihren eingezahlten Beiträgen profitieren. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) legte dafür am Donnerstag in Berlin Eckpunkte für ein neues Versicherungsvertragsgesetz vor. Das Gesetz soll am 1. Januar 2008 in Kraft treten und auch für laufende Verträge gelten. Der Bundesrat muss nicht zustimmen.

Verbraucherschützer lobten den Entwurf, der jetzt noch mit den anderen Ministerien abgestimmt werden muss. Das CSU-geführte Bundesverbraucherschutzministerium signalisierte bereits seine grundsätzliche Zustimmung: „Wir begrüßen das außerordentlich“, sagte eine Sprecherin. „Der Verbraucherschutz wird verbessert“, betonte auch CDU-Verbraucherpolitikerin Ursula Heinen. „Die Überschriften stimmen“, kritisierte dagegen die Vorsitzende des Bundestags-Verbraucherausschusses, Bärbel Höhn (Grüne), „aber der Teufel steckt im Detail.“ Höhn fordert, dass gleiche Tarife für Männer und Frauen in allen Versicherungssparten gesetzlich vorgeschrieben werden sollen.

Ein Schwerpunkt des neuen Gesetzes sind die Lebensversicherungen. Derzeit gibt es in Deutschland mehr als 95 Millionen Verträge mit einer Kapitalanlage von insgesamt 645 Milliarden Euro. Hier steht der Gesetzgeber nach jüngsten verbraucherfreundlichen Urteilen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs (BGH) unter Zugzwang. Die Verfassungsrichter hatten im Juli bemängelt, dass die Kunden derzeit nicht ausreichend am Gewinn der Versicherer beteiligt werden. Der BGH hatte im Oktober entschieden, dass Kunden, die ihre Lebensversicherung vorzeitig kündigen, entgegen bisheriger Praxis nicht völlig leer ausgehen dürfen. Viele Versicherer haben dieses Urteil aber bis heute nicht umgesetzt. Künftig sollen alle Kunden besser behandelt werden. Die Anschlusskosten sollen auf fünf Jahre gestreckt werden, sagte Zypries. Das heißt: Nach einer Kündigung bekommt der Kunde wenigstens einen Teil der eingezahlten Prämien zurück. Zudem soll das Recht der Versicherten auf eine Überschussbeteiligung jetzt gesetzlich verankert werden. Sie sollen darüber hinaus auch erstmals einen Anspruch auf eine Beteiligung an den stillen Reserven erhalten. Diese entstehen, wenn Aktien, andere Wertpapiere oder Immobilien, die die Versicherer mit dem Geld ihrer Kunden gekauft haben, seit dem Kauf im Wert gestiegen sind. Im vergangenen Jahr lagen die stillen Reserven bei rund 32 Milliarden Euro.

Die Versicherungsbranche reagierte skeptisch. „Die stillen Reserven sind ein wichtiger Puffer, um Börsenkrisen abzufangen“, sagte Eckhard Marten, der Sprecher von Deutschlands größter Lebensversicherung, der Allianz Leben. Der Versicherungsverband GDV kündigte an, im März ein eigenes „Transparenzkonzept“ vorlegen zu wollen.

Aber auch die Kunden anderer Versicherungen sollen mehr Rechte erhalten. Um Beweisprobleme zu vermeiden, soll das Beratungsgespräch mit dem Vertreter künftig protokolliert werden. Während bislang Versicherte den Versicherungsschutz komplett verlieren können, wenn sie gegen Vertragspflichten verstoßen, sollen sich die Folgen künftig danach richten, wie schwer das Verschulden wiegt. Bei Kündigungen sollen Prämien nicht wie bisher für das ganze Jahr weitergezahlt werden müssen. Außerdem soll für alle Versicherungsverträge ein zweiwöchiges Widerrufsrecht gelten, bei Lebensversicherungen eine Frist von 30 Tagen.

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