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Kundus-Ausschuss: Ziel der Aufklärung

Der Kundus-Ausschuss soll die Frage klären: Was wusste Verteidigungsminister Guttenberg zu welchem Zeitpunkt?

Von Michael Schmidt

Am Donnerstag haben die politisch brisanten Zeugenaussagen im Kundus-Untersuchungsausschuss des Bundestages begonnen. Vernommen wurden der frühere Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan und der ehemalige Verteidigungsstaatssekretär Peter Wichert. Die beiden Spitzenleute im Verteidigungsministerium waren am 26. November vom neuen Ressortchef Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) entlassen worden. Die Begründung des Ministers: Er fühle sich unzureichend über das verheerende Bombardement von Kundus im Jahr 2009 informiert. Hat das Duo ihm Informationen vorenthalten, den neuen Minister nicht umfassend beraten und ins Bild gesetzt?

Die Opposition vermutet, dass Guttenberg, indem er Wichert und Schneiderhan feuerte, von eigenen Fehlern ablenken wollte – zum Beispiel von der Frage, was ihn dazu bewegte, seine Haltung zu dem vom Bundeswehroberst Georg Klein angeordneten Luftschlag zu ändern: Unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 6. November hatte Guttenberg den Angriff noch als „militärisch angemessen“ bezeichnet; am 3. Dezember nannte er ihn dann „militärisch unangemessen“. Bis heute ist nicht geklärt, wer was wann von wem wusste. Im Mittelpunkt des Interesses und der Untersuchung stehen mehrere militärische und zivile Meldungen und Berichte, die alle vor dem 6. November erstellt wurden. Ihre Inhalte sind, da meist als „vertraulich“ eingestuft, in unterschiedlichem Umfang veröffentlicht worden. Die wichtigsten sind:

Ein Bericht des Regionalkommandos der Bundeswehr

Bereits Stunden nach dem Luftschlag meldete das deutsche Regionalkommando in Masar-i-Scharif an das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in Geltow bei Potsdam klare Hinweise auf zivile Verletzte. Das geht beispielsweise aus Anlage 23 eines Feldjägerberichts hervor: Im Krankenhaus von Kundus seien sechs Patienten im Alter von zehn bis 20 Jahren im Zusammenhang mit dem Luftschlag behandelt worden.

Ein Feldjägerbericht

Am 14. September 2009 erhielt die Bundeswehr eine etwa 100-seitige Sammlung von Berichten und Anlagen. Diese war durch den für Kundus zuständigen Feldjägerführer Oberstleutnant Brenner zusammengestellt und durch eine CD und DVD ergänzt worden. Danach ist eine zeitnahe Untersuchung unterblieben, Beweise wurden vom Einsatzort weggeschafft, die Aufklärung blieb mangelhaft. Der Bericht stammt vom 9. September, Guttenberg erfährt von ihm aber erst am 25. November, auf Nachfrage der „Bild“- Zeitung. Er gibt diesen Report als Grund für seinen Meinungswechsel an und begründet die Entlassung Schneiderhans und Wicherts damit, dass sie ihm diesen nicht vorgelegt hatten. Dafür hat der Generalinspekteur auch die Verantwortung übernommen – aber erklärt, seine Inhalte hätten dem Minister aus folgenden Berichten bekannt sein können.

Voruntersuchungen der Isaf

Am 4. September traf ein Isaf-Voruntersuchungsteam (Initial Action Team, IAT) in Kundus ein. Am Tag darauf fuhr Isaf-Kommandeur Stanley A. McChrystal zum Ort des Angriffs. In dem 27-seitigen Bericht steht, dass bei dem Bombardement 125 Personen getötet wurden. Und: „Mit sehr großer Wahrscheinlichkeit hat es zivile Opfer gegeben.“ Geschildert wird auch, dass vor dem Angriffsbefehl Fehler gemacht wurden. So wird Oberst Klein vorgehalten, sich nicht an die Kommandostruktur gehalten zu haben.

Die Meldung von Oberst Klein

Am Tag nach dem Angriff verfasste Klein eine zweiseitige Meldung an Schneiderhan, der sie am 6. September erhält. Darin erklärt Klein: „Am 4. September um 01.51 Uhr entschloss ich mich, zwei am Abend des 3. September entführte Tanklastwagen sowie an den Fahrzeugen befindliche INS (Insurgents, Aufständische) durch den Einsatz von Luftstreitkräften zu vernichten.“ Den Bombenabwurf habe er befohlen, „um Gefahren für meine Soldaten frühzeitig abzuwenden und andererseits mit höchster Wahrscheinlichkeit nur Feinde des Wiederaufbaus zu treffen“.

Der Isaf-Bericht

Am 8. September setzte Isaf-Kommandeur McChrystal eine Untersuchungskommission ein. Am 29. Oktober, eine Woche bevor Guttenberg den Luftschlag als „militärisch angemessen“ bezeichnete, leitete die Isaf laut Darstellung der Bundeswehr ihren Bericht an die deutschen Stellen weiter. In dem Geheimreport, so heißt es nach Presseberichten, sei von mehr als hundert Toten die Rede, darunter 30 bis 40 Zivilisten. Außerdem verdeutliche auch dieser Bericht, dass Oberst Klein primär die Personen um die Tanklaster treffen wollte, nicht die Fahrzeuge selbst.

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