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© EPA

Kurdenkonflikt: Erdogan will sich ein Denkmal setzen

Der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan legt dem Parlament einen umstrittenen Plan zur Beendigung des Kurdenkonflikts vor. In Gesprächen mit Parteien, Verbänden und Menschenrechtsgruppen hat Erdogan in den letzten Monaten sondieren lassen, wie ein neuer Ansatz aussehen könnte.

An diesem Freitag wird der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan im Parlament von Ankara eine der wichtigsten Reden seines Lebens halten. Erdogan will vor den Abgeordneten einen 15-Punkte- Plan zur friedlichen Beilegung des Kurdenkonflikts darlegen. Der Premier weiß, dass in der türkischen Öffentlichkeit der Widerstand gegen das Vorhaben wächst, weil der Eindruck entstanden ist, die Regierung hofiere die Kurdenrebellen von der PKK. Für Erdogan geht es um das wichtigste Projekt seiner Amtszeit: Gelingt es ihm, den Kurdenkonflikt zu beenden, setzt er sich selbst ein Denkmal. Ein Scheitern des Plans könnte das Ende seiner Karriere bedeuten.

„Ich weiche nicht zurück“, hat der 55-jährige Ministerpräsident in den vergangenen Wochen mehrfach betont. Er habe sich entschlossen, die Kurdenfrage durch mehr Demokratie und Freiheit zu lösen, und davon werde er auch nicht ablassen. Vor vier Jahren sprach Erdogan als erster türkischer Regierungschef öffentlich von einem „Kurdenproblem“, und nicht, wie zu jener Zeit üblich, von einem „Terrorproblem“. Damals bekam Erdogan noch mächtig Gegenwind, doch seit 2005 hat sich viel getan. Die wichtigste Veränderung besteht darin, dass die türkische Armee den Ministerpräsidenten in dem Ansatz unterstützt, dass es politischer, sozialer und wirtschaftlicher Maßnahmen bedarf, um den Kurdenkonflikt zu beenden.

In Gesprächen mit Parteien, Verbänden und Menschenrechtsgruppen hat Erdogan in den letzten Monaten sondieren lassen, wie ein neuer Ansatz aussehen könnte. Nach Medienberichten will die Regierung auf vielfältige Weise auf die schätzungsweise zwölf Millionen Kurden im Land zugehen: Die Zulassung von Kurdisch als Wahlfach in den Schulen und im Wahlkampf, Kurdischkurse an staatlichen Unis und die Wiedereinsetzung kurdischer Städtenamen gehören zum Regierungsprogramm, eine Ermunterung für PKK-Rebellen zur Einstellung des bewaffneten Kampfes und eine Reduzierung der Militärpräsenz in Südostanatolien ebenso. Die Führungsriege der Guerrilla soll angeblich aus dem Irak ins skandinavische Asyl geschickt werden. Die Haftbedingungen des bei vielen Kurden hoch angesehenen PKK-Chefs Abdullah Öcalan sollen verbessert werden.

Offiziell bewahrt die Regierung Stillschweigen über die Pläne, Erdogan selbst will die Inhalte des Reformprogramms bekannt geben. Türkische Nationalisten laufen trotzdem Sturm und sprechen von Landesverrat.

Lange Zeit war Erdogan sicher, dass die des seit 25 Jahren währenden Krieges müden Wähler seine Friedensbemühungen goutieren würden. Seit kurzem ist Erdogans sieggewohnte Regierungspartei AKP in den Umfragen allerdings im Sinkflug, vor allem weil Feiern bei der Rückkehr erster PKK-Anhänger bei großen Teilen der türkischen Öffentlichkeit den Eindruck erweckten, die Rebellen feierten einen Sieg über den Staat. Nach einer am Donnerstag veröffentlichen Umfrage liegt die AKP in der Wählergunst nur noch bei 32 Prozent, das sind 15 Prozentpunkte weniger als bei ihrem strahlenden Wahlsieg vor zwei Jahren.

Nun will Erdogan mit seiner Parlamentsrede in die Gegenoffensive gehen. Gespannt wartet die Türkei darauf, ob dann ähnliche Tumulte ausbrechen wie am Dienstag, als es im Parlament beinahe eine Schlägerei gegeben hätte.

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