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Politik: Kurs halten – aber hinhören

Theologe Schorlemmer warnt vor der Spaltung der SPD

Von
  • Hans Monath
  • Matthias Schlegel

Berlin. Es war nicht allen wohl in der Sitzung des SPD-Parteivorstands am Montag, in der über die Reaktion auf den Aufruf zur Gründung einer neuen Linkspartei debattiert wurde: Kann es sich die SPD in der Krise leisten, Kritiker in den eigenen Reihen mit Ordnungsverfahren zu überziehen? Wie kann sie Grenzen klar machen, ohne andere Unzufriedene vor den Kopf zu stoßen? Schon die harten Worte Gerhard Schröders und seines Noch-Generalsekretärs Olaf Scholz gegen die Initiatoren vom Wochenende hatten bei manchem Unbehagen ausglöst. „Unter keinen Umständen“ dürfe der Eindruck entstehen, dass die SPD „rigoros mit ihren Kritikern“ umgehe, warnte ein Vorstandsmitglied noch vor der Sitzung.

Am Ende verkündete Schröder vor der Presse „Sofortmaßnahmen“ gegen die sechs Erstunterzeichner der Initiative „Arbeit und soziale Gerechtigkeit“, darunter fünf Gewerkschaftssekretäre aus Bayern. Doch der Schritt klingt härter, als er von manchen Vorstandsmitgliedern gemeint war. Denn ein Automatismus, der zum Parteiausschluss führt, ist damit keineswegs beschlossen, Herr des Verfahrens sind die Schiedskommissionen der Unterbezirke. Gerade bayerische Vorstandsmitglieder hatten in der Sitzung davor gewarnt, über die in der Landespartei seit Jahrzehnten aktiven Kritiker zu schnell den Stab zu brechen. Sie wollen sich nun dafür einsetzen, dass die Parteifreunde noch eine Chance erhalten, wenn sie sich von dem Vorhaben distanzieren. So plädiert der Nürnberger SPD-Bundestagsabgeordnete Günter Gloser dafür, noch Türen offenzuhalten. „Man sollte immer noch das Gespräch suchen“, sagte Gloser dem Tagesspiegel.

Wenig beeindruckt von dem Beschluss zeigten sich die Aktivisten einer zweiten Neugründungs-Initiative („Wahlalternative“), die kürzlich im Berliner DGB-Haus getagt hatte. „Wir fühlen uns bestätigt, weil die SPD damit zeigt, dass sie nicht bereit ist, zu diskutieren, sondern gegenwärtig nicht reformfähig ist", sagte der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Axel Troost, einer der Organisatoren, dem Tagesspiegel. Er selbst sei aber nicht SPD-Mitglied. Nach seinen Angaben hält seine Initiative bereits Kontakt zu den bayerischen Gewerkschaftern. „Da wir uns inhaltlich einig sind, wird es auch eine Zusammenarbeit geben“, kündigte Troost an.

Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer erwartet ungeachtet der sozialen Probleme in den neuen Ländern nicht, dass die Idee einer neuen Linkspartei dort auf fruchtbaren Boden fällt. „Das Schicksal der so genannten ,Komitees für mehr Gerechtigkeit’, der ,Erfurter Erklärung’, aber auch das der PDS sollte alle, die wach sind, sehr vorsichtig machen“, sagte der Vizedirektor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt, der SPD-Mitglied ist. Er warne vor „dem linken Spaltpilz“, gleichwohl müsse „eine demokratische Partei diskutieren dürfen“. Die Debatte über sozialdemokratische Programmatik müsse in der SPD geführt werden, betonte Schorlemmer: „Kurs halten ist das eine, hinhören das andere.“

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