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Politik: Kurswechsel in der Landwirtschaft: Contra Gen-Food: Wenn schon Natur, dann richtig

Wie schön sie ist, die neue grüne Gen-Welt. Hier und dort ein kleiner Eingriff und schon entstehen Pflanzen mit den wunderlichsten Eigenschaften.

Wie schön sie ist, die neue grüne Gen-Welt. Hier und dort ein kleiner Eingriff und schon entstehen Pflanzen mit den wunderlichsten Eigenschaften. Reis, der eine Extra-Portion Vitamin A produziert und die hungernden Kinder der Welt satt und gesund macht. Mais, der dank einer kleinen Manipulation den Maiszünzler selbst bekämpft, bevor die hungrige Raupe zum Angriff übergehen kann. Und Soja, das durch eine Gen-Gabe weniger Pestizide braucht und höhere Erträge abwirft. Was hält uns noch davon ab, mit Hilfe der Gentechnologie den Hunger in der Welt zu bekämpfen - oder die Futtermittelproduzenten, die uns Verbrauchern so übel mitgespielt haben?

Hat Gen-Soja nicht fast so viel Eiweiß wie das verteufelte Tiermehl? Und zudem den Vorteil, dass kein Blut herausquillt, wenn man es zu Futter zermalmt? Kälber, die es fressen, werden damit mindestens genauso schnell zu großen Rindviechern. Und das gefährliche Prion bleibt draußen. So haben sich die Amerikaner das gedacht. Die Gentechnik galt lange als die Revolution in der Landwirtschaft. Weniger Pestizide, geringere Bodenerosion, größere Erträge und nebenbei noch ein höherer Nährwert. Darum krempelten die Farmer die Ärmel hoch und sahen zu, dass sie ihrem Acker ganz schnell die neuen statt der alten Saaten in die Krume drückten. Dass die Europäer nicht ebenfalls große Flächen mit gentechnisch veränderten Mais- und Sojasaaten absäten, dass wir sie nicht einmal kaufen mochten von den Amerikanern, nun ja, es lag wohl daran, dass wir immer ein bisschen rückständig und allzu misstrauisch gegenüber Innovationen sind. So sehen es zumindest die Amerikaner.

Doch das Misstrauen war richtig. Schon bei BSE haben wir den Fehler gemacht, die lange geahnte Gefahr zu ignorieren. Jetzt sitzen wir mitten drin im Schlamassel. Natürlich, neben Tiermehl erscheint im Moment alles klinisch sauber, auch Gen-Soja. Doch jetzt die Hintertür zu öffnen für das kleinere Übel und wieder zu hoffen, dass nichts passiert, wäre allzu kurzsichtig.

Natürlich ist nicht rein rational zu begründen, dass deutsche Verbraucher weder Gen-Tomaten noch Schoko-Riegel mit genmanipuliertem Soja essen wollen. Und auch keine Rinder, die mit Gen-Food großgezogen wurden. Aber Kaufentscheidungen sind nun mal nicht rational. Genauso wenig ist es rational zu begründen, warum die Mehrheit heute nichts mehr gegen Gen-Medikamente hat, die lange verteufelt wurden. Auch, dass Briten und Amerikaner Gen-Tomaten essen und bis heute nicht daran gestorben sind, beruhigt nicht. Die Hinweise, dass gentechnisch verändertes Soja Allergien hervorrufen kann, hat bislang niemand glaubhaft widerlegen können. Und dass die Larven des Monarch-Falters, die mit Gen-Mais gefüttert wurden, langsamer wuchsen oder sogar starben sollte uns zu denken geben. Auch wenn wir keine Schmetterlinge sind.

Vom Luxus des Misstrauens Gebrauch zu machen, ist unser gutes Recht. Dass wir es öfter tun sollten, daran hat uns die BSE-Krise erinnert. Warum sollten wir noch einmal ein unkalkulierbares Risiko durch ein anderes ersetzen, uns noch einmal eine Zeitbombe basteln? Keiner weiß heute, was Gen-Food mit unserem Erbgut anrichtet. Wenn wir es herausfinden, wird der Schaden irreversibel sein. Darum ist es Zeit, die Hintertür, die wir soeben einen Spalt breit geöffnet haben, ganz schnell wieder zuzuschlagen.

Maren Peters

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