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Im Dunkeln liegt in Rheinland-Pfalz noch die interessante Frage, ob die Regierung um Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) bei zahlreichen Projekten im Land in den letzten Jahren nicht viel zu viel Risiko eingegangen ist und dabei viel Steuergeld verbrannt haben könnte. Foto: dpa

© picture alliance / dpa

Kurt Becks Nürgburgring-Desaster: Schatten von Schulden

Kurt Beck in Not: Der Nürburgring ist pleite – und der Flughafen Hahn könnte folgen.

Berlin - Die politische Zukunft des rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck (SPD) wird nicht nur durch die insolvente Nürburgring GmbH belastet. Auch der überwiegend dem Land gehörende Flughafen Hahn ist in wirtschaftliche Schieflage geraten. Zudem ist aus bisherigen Stellungnahmen der EU-Kommission für Wettbewerbsrecht darauf zu schließen, dass die EU wegen des Verstoßes gegen Beihilferecht sowohl beim Nürburgring als auch beim Flughafen hohe Geldstrafen verhängen wird, die den Haushalt weiter belasten würden.

Aus dem aktuellen Geschäftsbericht des Flughafens geht hervor, dass „der Fortbestand unserer Gesellschaft“ gefährdet sei, wenn nicht entweder die Trennung von Betrieb und Infrastruktur erfolge oder, wie es heißt, „weitere Maßnahmen... ergriffen werden“. Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers drückt es in ihrem Bestätigungsvermerk als Abschlussprüfer direkter aus: „Falls die Trennung von Betrieb und Infrastruktur nicht wie geplant erfolgt, wäre die Gesellschaft nach dem 30. März 2013 auf weitere finanzielle Maßnahmen der Gesellschafter und Gläubiger angewiesen.“ Der Fortbestand der Gesellschaft ist „durch Risiken bedroht“. Der rheinland-pfälzische Minister für Infrastruktur, Roger Lewentz (SPD), sagte dem Tagesspiegel: „Nach Aussagen der Geschäftsführung besteht derzeit absolut keine Insolvenzgefahr.“

Der Regionalflughafen im Hunsrück wird vor allem von Ryanair angesteuert, die Passagierzahlen sind in den letzten Jahren zurückgegangen. Rheinland-Pfalz ist mit 82,5 Prozent und das Land Hessen mit 17,5 Prozent am Flughafen beteiligt. Die Schulden der Flughafengesellschaft sind von rund 123 Millionen Euro 2010 auf über 138 Millionen Euro gestiegen, bei einem Eigenkapital von rund 44 Millionen Euro. Auch die angemahnten Infrastrukturmaßnahmen fallen letztlich auf das Land zurück, denn nur der Flughafen hätte dadurch weniger Kosten. So gehören zum Flughafen zum Beispiel Gebäude und Straßen, auch die Abwasserwartung fällt negativ in die Bilanz. Sollte Rheinland-Pfalz keine privaten Investoren finden, blieben die Kosten im Gesamthaushalt erhalten.

Schon seit einiger Zeit rügt der Landesrechnungshof die Regierung wegen des Schuldenanstiegs und warnt vor dem Verlust der finanziellen Handlungsfähigkeit. Die Mainzer Regierung wirft dem Landesrechnungshofpräsidenten hinter vorgehaltener Hand Nähe zur CDU vor. Mehr als 33 Milliarden Euro Schulden hat das Land angehäuft, die CDU spricht von der „schnellsten Dynamik der Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland“. Der Rechnungshof erwartet bis 2020 eine Verdoppelung des Schuldenstandes von 2001. Beck regiert seit 18 Jahren das Land und ist damit dienstältester Regierungschef in Deutschland. Wegen der Nürburgringpleite, rund eine halbe Milliarde Euro Steuergeld wurde hier investiert, verlangt die CDU seinen Rücktritt.

Wie schon beim Nürburgring prüft die EU in zwei Verfahren auch die Finanztransfers beim Flughafen Hahn und kommt laut der letzten Stellungnahme vom 21. Juli zu dem noch vorläufigen Schluss, dass „die Kreditlinie..., die dem Flughafen gewährt wurde, staatliche Beihilfe beinhaltet“. Ähnlich wie beim Nürburgring, wo die landeseigene Investitions- und Strukturbank (ISB) hohe Kredite gewährt hat, die das Land wiederum absicherte, werfen die EU-Prüfer Rheinland-Pfalz auch in diesem Fall Wettbewerbsverzerrung vor.

Politisch pikant wird der Flughafen aber genau wegen seiner möglichen Notlage. Denn sollten die allgemeinen Passagier- und Frachtzahlen weiter zurückgehen und die Herausnahme von Kostenträgern wie Gebäuden oder Straßen nicht ausreichen, will Mainz prüfen, ob man Brüssel um Hilfe bitten müsste. Doch dort ist man der Ansicht, dass schon das Vorgehen der Landesregierung beim Nürburgring bisher negativ singulär sei. Beim Eifel-Projekt hatte man die EU nämlich lange Zeit gar nicht erst darüber in Kenntnis gesetzt, dass man massiv Steuergeld verwendet hat.

Aufgrund geschäftlicher Beziehungen zu offenbar unseriösen Finanzdienstleistern müssen sich demnächst neben Ex-Finanzminister und Beck-Freund Ingolf Deubel weitere Manager von landeseigenen Gesellschaften wegen des Verdachts auf Untreue vor Gericht verantworten. Schon jetzt werden Details etwa über hohe Spesenrechnungen oder Bordellbesuche gestreut. Einige Anwälte wollen Beck als Zeugen laden. Unter den bisher rund 75 geladenen Zeugen der Staatsanwaltschaft befindet sich Beck allerdings nicht. Sagt das Gericht.

Übrigens ist das Land Rheinland-Pfalz noch im Besitz eines weiteren Flughafens – in Zweibrücken. Auch dort wachsen die Verbindlichkeiten. Im letzten Jahresabschlussbericht heißt es lapidar, dass der Flughafen „auch in naher Zukunft voraussichtlich keine Gewinne erwirtschaften“ werde.

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