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Politik: Lächeln und nicht vergessen

Die Bundesregierung freut sich über scheinbar versöhnliche Töne aus den USA. Doch das Verhältnis bleibt gestört.

Von Malte Lehming

und Robert von Rimscha

Die Bundesregierung verbreitet Erleichterung. Regierungssprecher Bela Anda bezeichnete es am Freitag als „erfreulich, dass es Ari Fleischers Äußerungen gibt“. Ari Fleischer ist Andas Kollege in der Regierung von George W. Bush. Fleischer war es, der am Donnerstagabend erstmals nach dem heftigen deutsch-amerikanischen Streit wieder versöhnliche Töne hatte hören lassen.

Wirklich? Es lohnt sich, genau hinzuhören. Die US-Regierung „anerkennt und respektiert“ die Wahlentscheidung in demokratischen Staaten, sagte Fleischer. Bemerkenswert an dieser Selbstverständlichkeit ist, dass dem Sieger, also Kanzler Schröder, weiterhin nicht gratuliert wird. Die US-Regierung werde „auf allen Ebenen“ mit Deutschland zusammenarbeiten, hieß es weiter. Übersetzt: Die diplomatischen Beziehungen werden nicht abgebrochen. Dann wurde Fleischer gefragt, wie lange Bush dem Kanzler noch die kalte Schulter zeigen werde. Als Antwort dementierte der Sprecher nicht die in der Frage enthaltene Unterstellung, sondern kicherte erst und sagte dann: „Wir sind zwei große Regierungen.“ Letzte Frage: Wann es zu einem Treffen zwischen Bush und Schröder komme? Als Antwort sagte Fleischer nicht etwa, beide Seiten seien intensiv bemüht, einen Termin in der nahen Zukunft zu finden, sondern: „Jeder will hierher kommen und den Präsidenten treffen.“ Deshalb sei die Koordination nicht immer leicht.

„Die werden Schröder zittern lassen und erst im letztmöglichen Moment ein Gespräch vereinbaren“, glaubt ein Berater der Bush-Regierung. „In solchen Dingen ist die Regierungsspitze etwas kindisch. So etwas wird nie vergessen, auch wenn es nach außen wieder die Aura der Normalität gibt.“ In Berlin ist man nicht völlig anderer Auffassung. Die Profis arbeiten nun mit Hochdruck an der Reparatur des Verhältnisses, doch bei der Spitze des Weißen Hauses könnte etwas hängen bleiben. Weniger deshalb, weil Bush ein nachtragender Mensch ist, als vielmehr aus dem Grund, dass persönliche Verlässlichkeit für den US-Präsidenten ein Wert ist, der ihm wichtiger erscheint als ideologische Standfestigkeit oder die gleiche Wellenlänge im direkten Kontakt.

Zur professionellen Reparatur des Verhältnisses gehört es, dass sich derzeit die halboffiziellen Delegationen in Berlin die Klinke in die Hand geben. Da hilft es auch, wenn der Eindruck entstanden ist, Schröder selbst sei niemals brüsk abgewiesen worden, als der Kontakt zu Bush gesucht wurde. Hier geht es um die Frage, ob der Kanzler den Präsidenten noch vor der Wahl anrufen wollte, mit diesem Ansinnen aber scheiterte. Der scheidende Regierungssprecher Heye hatte dies dementiert, allerdings mit einer Formulierung, die Zweifel ließ: Manchmal wäre es ja gut, wenn nur die Hälfte dessen stimme, was so behauptet würde. Nun sieht es so aus, als habe Washington einen Vor-Wahl-Versuch der Kontaktaufnahme tatsächlich verpuffen lassen. Nur passt das heute nicht mehr in die aktuelle Entspannungs-Landschaft.

Dennoch will Außenminister Fischer noch in der zweiten Oktoberhälfte in die USA reisen, um die Irritationen mit dem Bündnispartner auszuräumen. Die USA-Reise werde nach der Konstituierung des Bundestags Mitte Oktober möglich, sagte Fischer in einem Interview mit der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“.

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