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Politik: Länder fordern klare Ziele bei Integration

Konkrete Ergebnisse vom Gipfel im Kanzleramt verlangt / NRW will neue Bleiberechtsregelung

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Berlin - Rund eine Woche vor dem Integrationsgipfel im Kanzleramt haben die Bundesländer ihren Anspruch bekräftigt, auf diesem Politikfeld eigene Aktzente zu setzen. Der schleswig-holsteinische Innenminister Ralf Stegner (SPD) warnte, der Integrationsgipfel dürfe kein unverbindlicher Meinungsaustausch sein, sondern müsse die wesentlichen Aufgaben verbindlich festlegen und sie in einer „konzertierten Aktion“ dann zügig anpacken. „Wir brauchen klare Ziele, aufeinander abgestimmte Maßnahmen und Entschlossenheit bei der Umsetzung", sagte Stegner dem Tagesspiegel.

Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Armin Laschet (CDU) forderte in Berlin die Bundesregierung auf, aus dem Zwanzig-Punkte-Programm seiner Landesregergierung zur Integration Anregungen für den Gipfel aufzunehmen. Zu der Veranstaltung im Kanzleramt sind 70 Vertreter von Bund, Ländern und Kommunen sowie der Gesellschaft und der Migranten eingeladen. Staatsministerin Maria Böhmer (CDU) hatte am Mittwoch die Erwartungen gedämpft und erklärt, der Gipfel werde lediglich den Auftakt zu einem Prozess bilden, der dann bis zum Jahresende in ein nationales Integrationskonzept münden solle.

Der Bundesrat will die Bundesregierung an diesem Freitag auffordern, einheitliche Standards für Integration und Einbürgerung zu schaffen und sich dabei an dem Konzept zu orientieren, das die Landesinnenminister im Mai erstellt hatten. Dieses fordert von Migranten Sprachkenntnisse sowie ein aktives Bekenntnis zu Demokratie und moderner Gesellschaft. Auch spricht sich der Innenminister-Beschluss für eine Verbesserung verbindlicher Integrationskurse aus. „Wo trotz staatlichen Förderangebots die Bereitschaft zum Kursbesuch nicht besteht, müssen Sanktionen verstärkt werden“, heißt es in dem Antrag der Länder Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein. Nicht hinnehmbar sei, dass Eltern ihre Kinder von Bildung und Erziehung aussschließen.

Stegner nannte den Antrag ein „wichtiges und unüberhörbares Sginal“ an den Bund. „Die Länder haben bei diesem Thema die exekutive Kompetenz und kennen die Probleme unmittelbar aus der Alltagsarbeit der Ausländerbehörden“, sagte der Minister. Ohne den Sachverstand der Länder und Gemeinden und der Fachleute vor Ort könne „eine neue Integrationspolitik nicht gelingen“.

Nach Ansicht von Laschet, der das einzige Integrationsministerium eines Bundeslandes führt, „ist Bildung der Schlüssel zur Integration“. Der NRW-„Aktionsplan Integration“ sieht Sprachtests und Sprachförderung schon für Vierjährige vor, verspricht den Ausbau von Ganztagesschulen und mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund. Zudem will sich NRW für eine Bleiberechtsregelung für länger in Deutschland lebende Ausländer einsetzen, die die Praxis der Kettenduldung ablöst. „Innenminister Schäuble wird zum Thema Bleiberecht mehr zustande bringen als Otto Schily“, sagte der Minister. Skeptisch zeigte sich Laschet gegenüber Bestrebungen, die Hürden für Einbürgerungen zu erhöhen: „Wir wollen darum werben, dass mehr Menschen den Antrag zur Einbürgerung stellen.“ Der Minister verteidigte die Einladungspraxis des Kanzleramtes gegenüber Kritik, wonach wichtige islamische Vertreter ausgegrenzt würden. „Dies ist keine Islamkonferenz“, sagte er.

Mancher Gipfelteilnehmer fühlt sich durch den Einladungstext aus dem Kanzleramt falsch angesprochen. Dort heißt es, die zweite und dritte Generation von Zuwanderern habe „deutliche Integrationsdefizite“. Yasar Bilgin, Vorsitzender der Türkisch-Deutschen Gesundheitsstiftung, nennt dies „anmaßend“. „Ich kann auch nicht alle Deutschen dafür in Haftung nehmen, was es in diesem Land an Antisemitismus und Rassismus gibt.“ Zum Gipfel gehen will er aber auf jeden Fall und konstruktive Kritik üben.

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