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Politik: Länder machen Karrieren

Das Gerüst der Föderalismusreform steht, der Bund gibt Kompetenzen ab – das trifft auch die Beamten

Berlin - Stundenlang tagte die Föderalismuskommission im kleineren Kreis im Nordflügel des Reichstags, bis weit in den Freitagabend hinein. Vor den Teilnehmern lag ein dreizehnseitiges Papier der Chefs der Reformrunde, Franz Müntefering und Edmund Stoiber. Ergebnis nach langer Beratung: Bei einigen Reformplänen, etwa zur Reduzierung der Zustimmungsrechte des Bundesrats, ist der Durchbruch geschafft. Andere bleiben umstritten, nicht zuletzt die Geldfragen. Doch das Fazit eines Teilnehmers lautet: „Das Gerüst der Reform steht.“

Zum Beispiel bei der Zuständigkeit für die Beamten. Hier sind zwei für die Staatsdiener wohl gravierende Verfassungsänderungen angedacht. Zum einen soll der Artikel 33 des Grundgesetzes geändert werden. Der sichert den Beamten bisher ihre Privilegien, die „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums“, wie sie seit Kaisers Zeiten gelten: Unkündbarkeit, regelmäßige Beförderung, angemessene Versorgung durch den Staat. Bisher gibt die Verfassung vor, dass das Dienstrecht unter Berücksichtigung dieser Grundsätze zu regeln sei. Dem soll nun hinzugefügt werden, dass dieses Dienstrecht auf dieser Grundlage auch fortzuentwickeln sei. Das macht erstmals Änderungen des Hergebrachten möglich.

Dass Bund und Länder für Versorgung und Besoldung ihrer Beamten jeweils selbst zuständig werden – was Unterschiede bei Einkommen und Pensionen je nach Ort und Kassenlage nach sich ziehen kann –, war klar. Über diese Pläne hinaus geht der Vorschlag, den Ländern auch das Laufbahnrecht ihrer Beamten zu überlassen. Statusfragen sollen nicht ausschließlich Sache des Bundes werden; der Bundesrat bleibt beteiligt, eigene Regeln der Länder sind nicht ausgeschlossen.

Überraschend und abweichend von Stoibers und Münteferings Papier verständigte sich die Reformrunde darauf, die Möglichkeiten des Bundes in der Hochschulpolitik deutlicher zu beschneiden als bislang bekannt. Demnach soll der Bund künftig nur noch den Hochschulzugang – allerdings ohne den Teilbereich Studiengebühren – und die Abschlüsse zentral regeln. Die Qualitätssicherung an den Hochschulen, also nicht zuletzt die Evaluierung und sich ergebende Folgen, soll entgegen der Ursprungspläne Ländersache sein. Hier bestehe „weit gehender Konsens“, hieß es aus der Kommission. Und auch bei Zugang und Abschlüssen könnte die Bundeskompetenz erlöschen, falls die Länder dies per Staatsvertrag unter sich klären. Dagegen setzte sich der Wunsch einer Ländermehrheit, auch die außerschulische berufliche Bildung zu bekommen, nicht durch. Bei der Forschungsförderung bleibt der Bund mit im Boot.

Unklar ist noch, wie weit die gesetzgeberischen Zuständigkeiten von Bund und Ländern getrennt werden können. Dies betrifft den im Artikel 74 des Grundgesetzes aufgelisteten Katalog der Politikfelder, in denen die Länder nur so lange entscheiden können, wie der Bund nicht selbst regelt – weil die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse oder die Wirtschaftseinheit es erfordern. Doch bahnt sich eine Lösung an. Der Katalog wird dreigeteilt. Bei einem Teil bleibt es bei der jetzigen Verfassungslage, ein zweiter Teil wird praktisch Bundessache, weil die Erforderlichkeitskriterien nicht nachgewiesen sein müssen. Und in einem dritten Teil, fast ausschließlich im Umweltrecht, sollen die Länder von Bundesvorgaben abweichen können. Hier monieren Ministerpräsidenten wie NRW-Regierungschef Peer Steinbrück (SPD), dass der Bund häufig auf EU-Vorgaben höhere Standards draufsattle. Auch deshalb lehnte am Freitag der Bundesrat eine vom Bund verschärfte EU- Richtlinie zum Lärmschutz demonstrativ geschlossen ab.

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