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Politik: Länder wehren sich gegen Kürzungen

Streit um Mittel für den Nahverkehr gefährdet rechtzeitige Zustimmung zu Mehrwertsteuererhöhung

Berlin - Der Streit zwischen Bund und Ländern über die Kürzung der Zuschüsse für den regionalen Personennahverkehr hat sich am Donnerstag zugespitzt. Die Zustimmung des Bundesrats zum Haushaltsbegleitgesetz – und damit zur Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent – an diesem Freitag war damit vor den Abstimmungsrunden der Parteispitzen am späten Donnerstagabend gefährdet. Zwar sind die Länder zu Einsparungen bei den so genannten Nahverkehrsmitteln bereit, doch nicht in der vom Bund geplanten Höhe. Der Gesetzentwurf sieht eine Verringerung der Zuschüsse für regionale Busse und Bahnen von 3,3 Milliarden Euro bis 2010 vor. Diese Kürzung ist Teil des Haushaltsbegleitgesetzes, zu dem auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer, die damit verbundene Senkung des Beitrags zur Arbeitslosenversicherung um zwei Prozentpunkte und die Begrenzung der Versicherungsfreiheit von Sonntags- und Nachtzuschlägen gehört.

Der Verkehrsausschuss des Bundesrats hatte empfohlen, zur Klärung des Streits um die Nahverkehrsförderung den Vermittlungsausschuss anzurufen. Damit würde das gesamte Gesetz vorerst blockiert. Am Donnerstagnachmittag gab es nach Angaben des baden-württembergischen Bundesratsministers Wolfgang Reinhart (CDU) „keine sichere Mehrheit“ für die Vermittlung. Ganz ausgeschlossen war sie jedoch nicht. Auf Seiten der unionsgeführten Länder gab es 22 Stimmen für die Anrufung, darunter auch die große Koalition in Schleswig- Holstein. Andere große Koalitionen waren noch unentschieden. Nur Bayern lehnte ein Vermittlungsverfahren ausdrücklich ab. „Wir schlucken die Kröte, um das Gesamtunternehmen nicht zu gefährden“, sagte die bayerische Bundesratsministerin Emilia Müller (CSU). Für die Anrufung der Vermittlung sind 35 Stimmen nötig.

Entscheidend war die Haltung von Rheinland-Pfalz. Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hatte vehement auf eine geringere Kürzung der Gelder gedrängt, obwohl die eigentlich im Koalitionsvertrag vereinbart war. Am Dienstag verhandelten Vertreter von Rheinland-Pfalz mit dem Bundesfinanzministerium. Das Ziel: Minister Peer Steinbrück (SPD) sollte in der Sitzung des Bundesrats an diesem Freitag verbindliche Zusagen für ein Entgegenkommen machen. Eine „blumige Sonntagsrede“ Steinbrücks werde Beck sicher nicht reichen, lautete eine Einschätzung in Bundesratskreisen. Die Spitzen der Union verhandelten am Donnerstagabend über das Thema. Unklar war, ob und wie weit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bereit sein würde, den Ländern entgegenzukommen – nach Angaben aus Länderkreisen wollte sie dem Drängen von Beck & Co. zunächst nicht nachgeben. Reinhart sagte, wenn Rheinland-Pfalz einer Vermittlung zustimme, werde es eine Mehrheit dafür geben.

Beck fürchtet, durch den Verlust von 173 Millionen Euro den „Rheinland- Pfalz-Takt“ – ein ehrgeiziges Programm zur Verkehrsvernetzung und regelmäßigen Bedienung der Regionen des Landes – nicht mehr fortführen zu können. Der Deutsche Gewerkschaftsbund, der Städte- und Gemeindebund und die „Allianz pro Schiene“ forderten die Länder am Donnerstag auf, in ihrem Widerstand gegen die Kürzungen hart zu bleiben.

Dem Haushaltsbegleitgesetz definitiv nicht zustimmen werden die Länder, in denen die FDP mitregiert – Baden-Württemberg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen –, und die rot-roten Koalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern.

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