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Länderfinanzausgleich: Mappus hat kein Mitleid mehr mit Berlin

Baden-Württemberg hält den Finanzausgleich der Länder für ungerecht. Ministerpräsident Mappus will "Herrn Wowereit in Berlin nicht subventionieren". Wowereit sieht sich aber durch das Grundgesetz geschützt.

Stefan Mappus sagt es deutlich: Entweder die Nehmerländer im Finanzausgleich verzichten auf dem Verhandlungsweg auf einen Teil der Gelder, oder die drei Zahlerländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen ziehen vors Bundesverfassungsgericht. Allen voran der Stuttgarter Ministerpräsident, der wie alle seine Vorgänger murrt, dass das Land so viel – zu viel – in den Finanzausgleich einzahlen müsse. Nun klagt Mappus etwas lauter, weil demnächst Landtagswahlen sind, und das Erwähnen der hohen Zahlungen kommt durchaus an beim badisch-schwäbischen Wahlvolk, zumal auch dadurch klar wird, dass man gut dasteht im Südwesten. Denn wer im Finanzausgleich zahlt, der hat auch.

Doch Mappus’ Drohung entspringt nicht nur Wahlkalkül. Denn das Ausgleichssystem muss bald neu verhandelt werden, weil es nur bis 2019 gilt. Und da dürften die Zahlerländer, die angesichts wachsender Pensionslasten oder teurer Landesbankrettungen auch ihre Probleme haben, ziemlich hart auftreten. Zumal die „Mitleidssituation“ der 90er Jahre vorbei ist, als es vor allem darum ging, die ostdeutschen Länder aufzupäppeln. Die Vorbereitung einer Klage in Karlsruhe gehört zur Strategie der Zahlerländer, den kommenden Ausgleich stärker nach ihren Vorstellungen zu modellieren. Das zielt nicht zuletzt auf die Bundeshauptstadt. „Wir wollen Herrn Wowereit in Berlin nicht jährlich mit vielen hundert Millionen Euro subventionieren, mit denen in Berlin Dinge gemacht werden, die wir uns nicht leisten können“, sagte Mappus der „Frankfurter Allgemeinen“. Gemeint sind damit auch die kostenlosen Betreuungsangebote für Kinder, die es in allen SPD-geführten Ländern gibt.

Der subventionierte Herr Wowereit sieht sich durch das Grundgesetz geschützt: „Dem Ziel gleichartiger Lebensverhältnisse in Deutschland sind alle politischen Akteure in unserem Land verpflichtet.“ Er warne vor einer Aufkündigung der Solidarität zwischen starken und schwachen Ländern. Auch habe Berlin „so klar und konsequent gespart“ wie kein anderes Land, mit spürbaren Einschnitten für die Hauptstädter. „Wir haben gezeigt, wie man an den Abbau eines Haushaltsdefizits herangeht und dabei trotzdem die soziale Balance behält“, sagte Wowereit. Mappus habe aber Probleme mit der Akzentsetzung anderer Länder. „Berlin wird die Gebührenfreiheit von Bildungsangeboten von der Kita bis zum Studium umsetzen“, fügte er hinzu.

Nach Ansicht des rheinland-pfälzischen Finanzministers Carsten Kühl (SPD) geht es beim Mappus-Vorstoß um eine Säule des Bundesstaats – die Länderautonomie (die man in Stuttgart sonst gern hochhält). „Wenn wir anfangen, den Ländern auch noch Vorschriften für ihre eigenen Ausgaben zu machen, dann geben wir irgendwann den Föderalismus auf“, sagte Kühl dem Tagesspiegel. „Man muss den Ländern hier Spielraum lassen.“ Auch Rheinland-Pfalz biete Sozialleistungen, die andere Länder nicht hätten, doch das Ausgabenniveau pro Einwohner unterscheide sich nicht. Im Kern geht es laut Kühl darum, ob der Finanzausgleich zu einer Überkompensation führt – also schwache Länder am Ende besserstellt als starke. „Ich kann nicht erkennen, dass es so ist“, meint der Mainzer Finanzminister. Im Übrigen lebe der Föderalismus von der Solidarität der Länder. „Es ist bemerkenswert, dass der Vorstoß zu einer gesamtdeutschen Entsolidarisierung von drei schwarz-gelben Regierungen kommt“, sagte Kühl.

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