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Länderfinanzausgleich: Streit zwischen Bund und Ländern

Nach dem Karlsruher Urteil gegen finanzielle Nothilfen für Berlin ist zwischen Bund und Ländern ein Streit um das Vorgehen gegen die Schuldenexplosion in den Bundesländern entbrannt.

Bad Pyrmont/Berlin - Ein Vorstoß aus dem Bundesfinanzministerium, die Schulden der Länder per Bundesgesetz zu begrenzen, stieß bei deren Regierungschefs auf strikte Ablehnung. Solche Regelungen wären "schlicht verfassungswidrig", sagte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) im Namen aller Teilnehmer nach einer Konferenz der 16 Länderchefs in Bad Pyrmont.

Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesfinanzministerium, Barbara Hendricks (SPD), hatte zuvor für ein Bundesgesetz plädiert, durch das den Ländern Grenzen eindeutige Verschuldungsgrenzen gesetzt werden sollen. Die Verletzung der Vorgaben solle mit empfindlichen Strafen geahndet werden, sagte sie der "Berliner Zeitung". Ein völliges Verschuldungsverbot lehnte sie aber unter Verweis auf die Finanzautonomie von Bund und Ländern ab.

Anstelle eines Bundesgesetzes regte Wulff im RBB-Inforadio einen nationalen Entschuldungspakt an. Dort sollten sich Bund und Länder verpflichten, in einem überschaubaren Zeitraum auf eine Verschuldung von Null zu kommen. Falls ein Land trotzdem neue Kredite aufnehmen wolle, solle dies das Landesparlament mit Zwei-Drittel-Mehrheit absegnen müssen. Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) forderte für den Länderfinanzausgleich ein Kontrollsystem ähnlich den Maastrichter Stabilitätskriterien der EU. Es müsse "ein Frühwarnsystem, Abmahnungen und Strafandrohungen" geben, sagte er der "Passauer Neuen Presse".

Baden-Württemberg für Verschuldungsverbot

Der baden-württembergische Finanzminister Gerhard Stratthaus (CDU) wiederum plädierte für ein in den Landesverfassungen verankertes Verschuldungsverbot. "Wir in Baden-Württemberg werden das tun. Wenn ein Land dagegen verstößt, kann die Opposition klagen", sagte Stratthaus "Spiegel Online". Zudem will er nach eigenen Angaben prüfen, ob der geltende Finanzausgleich dem aktuellen Urteil des Verfassungsgerichts entspricht. "Und wenn wir nach sorgfältiger Prüfung zu einer anderen Meinung kommen, müssen wir über eine Klage nachdenken."

Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) machte in Bad Pyrmont deutlich, dass er die Hoffnung auf Geld vom Bund noch nicht aufgegeben hat. Es sei "wichtig zu überprüfen", ob die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern noch richtig seien, sagte er. Das Bundesverfassungsgericht hatte mit seinem Urteil vom Donnerstag eine Klage des Landes Berlin auf Nothilfe des Bundes mit der Begründung abgewiesen, das Land könne noch aus eigener Kraft aus der Finanzmisere kommen.

Verhandlungen zwischen Bund und Ländern

Die Länder wollen nun eine gemeinsame Position für die Gespräche mit der Bundesregierung über die zweite Stufe der Föderalismusreform suchen. Auf der Themenliste stehen dabei etwa die Entwicklung von Kriterien für die zusätzliche Verschuldung, Instrumente zur Durchsetzung dieser Kriterien sowie die länderübergreifende Erledigung von Aufgaben. Auch soll laut Wulff über "die Möglichkeiten zur Erleichterung des freiwilligen Zusammenschlusses von Ländern" beraten werden. Angestrebt werde eine rasche Einigung der Länder. Ab Dezember solle mit dem Bund in einer Arbeitsgruppe verhandelt werden. Für den 13. Dezember sei ein Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geplant.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) will laut einem Zeitungsbericht die Schuldenregeln des Grundgesetzes verschärfen. Geplant sei, die nationalen Verschuldungskriterien an die europäischen Vorgaben anzupassen, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" unter Berufung auf ein entsprechendes Arbeitspapier. Unter anderem soll demnach der Verkauf von Staatsvermögen wie Telekom- oder Postaktien "bei der Berechnung der öffentlichen Deckungslücke herausgerechnet werden". Glos bestätigte in Berlin lediglich, dass es einen "Diskussionsprozess" über die Vereinbarkeit der Grundgesetzbestimmungen mit den europäischen Vorgaben gebe. (tso/AFP)

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