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Länderkammer: Bundesrat sperrt sich: Wohngeld nicht erhöht

Die Länder wollen mehr Geld und werfen dem Bund Wortbruch vor. Nun muss der Vermittlungsausschuss ran und eine Lösung finden.

Mehr Wohngeld für Geringverdiener und Rentner – das hat die große Koalition beschlossen. Aber vorerst wird es nichts mit dem Zuschlag von im Schnitt 52 Euro im Monat für 800 000 Empfänger zum 1. Januar 2009. Denn am Freitag hat der Bundesrat seine Zustimmung versagt. Und den Vermittlungsausschuss angerufen. Dabei sind die Länder gar nicht gegen eine Erhöhung des Wohngeldes, wie der baden-württembergische Bundesratsminister Wolfgang Reinhart (CDU) betonte. Aber sie wollen sie nicht so wie vom Bund beschlossen – vor allem aber missfällt ihnen, dass der Bund sich in dem Gesamtpaket, zu der auch die Grundsicherung im Alter gehört, auf Kosten der Länder sanieren will. So jedenfalls lautet der Vorwurf, den auch der rheinland-pfälzische Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) im Bundesrat erhob. Es geht im Kern um etwa 250 Millionen Euro. Ohne Zustimmung des Bundesrats geht beim Wohngeld nichts, weil es die Landeshaushalte betrifft.

Was eigentlich eine der üblichen Geldstreitigkeiten zwischen Bund und Ländern ist, gewinnt in Zeiten der großen Koalition eine etwas andere Bedeutung. Denn die Anrufung der Vermittlung durch die Länder ist seit 2005, seit Beginn der Regierung von Union und SPD, sehr selten geworden. Man einigte sich auf Parteiebene außerhalb der Verfassungsgremien, spätestens an den Donnerstagabenden vor Bundesratssitzungen, wenn es Bund-Länder-Probleme gab. So sollte es wohl auch beim Wohngeld sein. CDU- Landespolitiker hofften, Merkel werde sich als „Gnadenkanzlerin“ erweisen. Aber ein Kompromiss fand sich nicht. Nach Angaben von beiden Seiten liegt die Schuld bei Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), der angesichts des bröckelnden Konsolidierungswillens in der Koalition den harten Hund gibt. Kanzleramtsminister Thomas de Maizière (CDU) stellte sich am Donnerstagabend hinter Steinbrück.

Deshalb muss jetzt der Vermittlungsausschuss ran und eine Lösung finden. Sauer sind die Länder vor allem, weil der Bund aus ihrer Sicht ein Versprechen gebrochen hat. Im vorigen November verzichtete der Bundesrat auf ein Vermittlungsverfahren bei den Kosten für die Unterkunft von Hartz-IV-Empfängern, weil die Bundesregierung erklärte, sie wolle dafür den Ländern bei der Finanzierung der Grundsicherung im Alter unter die Arme greifen. Die ist seit der Einführung 2003 wider Erwarten stark gestiegen – auf weit mehr als drei Milliarden Euro, was laut Reinhart mehr als einer Verdopplung entspricht. Eine Bundesbeteiligung von 20 Prozent erwarteten die Länder, was derzeit 627 Millionen Euro wären. Der Bund bot sieben Prozent. Und dann einen Festbetrag von 409 Millionen Euro, aber keine Quote, obwohl die Ausgaben steigen. Die mehrmonatigen Verhandlungen seien „mehr als ernüchternd“ gewesen, sagt Deubel und nennt die Position des Bundes „völlig inakzeptabel“. Ein zweiter Punkt kommt dazu: Die Länder wollen nicht, dass die Heizkosten in das Wohngeld einbezogen werden. Damit müsse man künftig ständig über das Wohngeld reden, wenn sich die Energiekosten erhöhten, sagt Deubel. Den Ländern scheint die in Berlin ersonnene Wohngeldverbesserung zu teuer zu werden.

Rücksichtnahme auf die große Koalition im Bund ist offenbar nicht mehr oberstes Gebot bei Union und SPD in den Ländern. Ihre Bindungswirkung über Berlin hinaus wird lockerer. Im Vermittlungsverfahren stehen sich so demnächst Steinbrück und der rheinland-pfälzische Ministerpräsident und SPD-Chef Kurt Beck mehr oder weniger direkt gegenüber. Und auf Unionsseite die Ministerpräsidentenriege und das Kanzleramt.

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