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Auch der Sportwagenhersteller Porsche hatte die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt, um den Auswirkungen der Krise zu begegnen. Foto: dpa

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Politik: Länger kürzer arbeiten

Die schwarz-gelbe Koalition einigt sich darauf, Anti-Krisen-Maßnahmen fortzuführen

Berlin – Manchmal, wird sich der Chef des Kanzleramts gedacht haben, fügen sich die Dinge. Und weil Ronald Pofalla aus Nordrhein-Westfalen stammt und weiß, wie knapp die Landtagswahl in drei Wochen für seine CDU ausgehen könnte, fügen sie sich ihm gerade besonders. Wenn das Bundeskabinett am Mittwoch nach der Osterpause wieder zusammenkommt, wird es eine Reihe von Maßnahmen und Eckpunkten beschließen, über denen unausgesprochen die Überschrift „Sicherheit in Krisenzeiten“ schwebt.

Ein letzter koalitionärer Differenzpunkt ist am Freitagabend ausgeräumt worden, in einer Runde bei Pofalla mit FDP-Chef Guido Westerwelle und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Danach ist klar: Die Krisen-Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld werden über das Jahresende hinaus bis Ende März 2012 verlängert. Die Bundesanstalt für Arbeit (BA) übernimmt also weiterhin sechs Monate lang die Hälfte und danach die kompletten Sozialbeiträge von Kurzarbeitern. Der Zeitraum ist ein Vierteljahr kürzer, als es Sozialministerin Ursula von der Leyen (CDU) eigentlich wollte. Als Zugeständnis an die FDP wird überdies die Konzernregelung nicht fortgeschrieben. Derzeit übernimmt die BA bei Kurzarbeitern in einem Großbetrieb, der in einem anderen Konzernteil schon kurzarbeitet, die Sozialbeiträge sofort komplett. Das FDP-geführte Wirtschaftsministerium sah darin eine Ungerechtigkeit für den Mittelstand.

Die Kurzarbeiterregelung gilt als einer der Hauptgründe dafür, dass in der Krise bisher die Arbeitslosenzahlen nicht in die Höhe geschossen sind. Die Kabinettsvorlage schreibt aber noch eine Reihe weiterer Anti-Krisen-Maßnahmen fort. Das betrifft Fördermaßnahmen für Ältere – die Sonderförderungen der BA für Beschäftigte ab 45 Jahren, der Eingliederungsgutschein für Ältere und die Entgeltsicherung für über 50-Jährige gelten zunächst bis Ende 2011 weiter. Das betrifft Arbeitslose, die sich selbständig machen – sie können sich künftig unbefristet freiwillig in der Arbeitslosenversicherung weiterversichern und müssen nicht fürchten, beim Scheitern ihrer Pläne schlechter dazustehen als vorher.

An mehreren Stellen verbessert werden sollen aber vor allem die Chancen von Jugendlichen. Abgeschafft wird zum Beispiel ein Ärgernis der Hartz-IV-Regelungen: Kinder aus Hartz-IV-Familien, die in den Ferien arbeiten, dürfen künftig bis zu 1200 Euro im Jahr ohne Abstriche an den Hartz-Leistungen behalten. Ebenfalls nicht angerechnet – und auch nicht mit dem BAföG verrechnet – werden Stipendien aus dem geplanten nationalen Stipendienprogramm bis zu 300 Euro im Monat. Das Projekt – je zu einem Viertel von Bund und Ländern finanziert, die andere Hälfte sollen private Spender aufbringen – soll im Endausbau jeden zehnten Studenten zum Stipendiaten machen. Gleichzeitig bringt Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) ihr BAföG-Änderungsgesetz ins Kabinett – Anhebung der Freibeträge um drei Prozent, der Bedarfssätze um zwei Prozent, eine höhere Altersgrenze von 35 statt 30 Jahren für Masterstudien und eine Sonderaltersgrenzenregelung für Studierende mit Kindern; insgesamt 1,3 Milliarden Euro plus.

Noch nicht gesetzlich umgesetzt, aber als Eckpunkte-Vereinbarung beschlossen werden soll ein Sonderprogramm für arbeitslose Jugendliche. Ziel ist es, jedem unter 25-Jährigen ohne Ausbildung oder Job binnen sechs Wochen einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, mindestens eine „sinnvolle Arbeitsgelegenheit“ zu vermitteln.

Und schließlich soll das Kabinett einer Eckpunkte-Vereinbarung für ein Sonnenenergie-Förderprogramm seinen Segen geben. Zielgruppe der „Innovationsallianz Photovoltaik“ sind nicht Nutzer, sondern die heimischen Hersteller. Die sind im Vergleich zur asiatischen Konkurrenz seit Jahren auf dem Weg ins Hintertreffen. In den nächsten drei bis vier Jahren will der Bund bis zu 100 Millionen Euro Forschungsmittel zuschießen, um den Rückstand aufzuholen. Dass der Punkt als letzter in der Kabinettsvorlage steht, wird Zufall sein. Aber irgendwie fügt sich auch der sonnige Ausklang. Mit Johannes Raus Versprechen, den „blauen Himmel über der Ruhr“ zu schaffen, ist in NRW schon mal eine Wahl gewonnen worden.

Robert Brinbaum

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